Halbzeit beim „Bachelor“ Hormonkrisen im Kuppelparadies

Düsseldorf · Bei der TV-Kuppelshow „Der Bachelor“ lichten sich die Reihen. Trotzdem ist noch ungewiss, wer am 23. März die letzte Rose bekommt. Unser Autor hat eine Favoritin, doch er ahnt: Sie wird es nicht.

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Das passiert in Folge sechs des „Bachelor“

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Foto: RTL

Zu den beruhigenden Regelmäßigkeiten des Lebens zählen unser monatliches Gehalt, die um 8.05 Uhr per Zeitschaltuhr rauschenden Rollladen meines Nachbarn, die wöchentlichen Peinlichkeiten rund um Heidi Klum – und neuerdings auch die tägliche Frage, wie es Jana-Maria geht. Sie ist eine der betreuungsintensiven Kandidatinnen in der neuen „Bachelor“-Staffel (bei RTL+), die besonders leidenschaftlich schmollt und mit den Augen rollt. Fraglos ist sie eine gutaussehende Frau, doch wirkt sie ziemlich unbedarft gegenüber der Erkenntnis, dass diese Serie genauso tickt wie seit Jahren schon.

Im „Bachelor“ geht es eben nicht zu wie im richtigen Leben, wo zwei Menschen schon nach fünf Minuten Kontakt füreinander gebahnt sind oder nicht. Beim „Bachelor“ werden zahllose Damen, die vermutlich bereits nach der Erstbegegnung nicht infrage kommen, trotzdem Woche um Woche per Rosenvergabe durchgeschleppt, weil die Selektion sonst bereits zu Anfang grausam ausfiele. Zwischen ausgesuchten Kandidatinnen und dem Bachelor kommt es sodann im Laufe der Wochen zu Knutschereien, das weiß jeder, der die Serie seit Jahren verfolgt.

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Das sind die Kandidatinnen bei „Die Bachelors“

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Foto: RTL/Pervin Inan-Serttas

Jana-Maria hatte nun schon früh die Zunge von Dominik Stuckmann, dem amtierenden Schönling, an ihr Gaumenzäpfchen gelassen, nun grollt sie, weil der Herr auch die weitere Belegschaft der „Mädelsvilla“ durchtestet. Weil dort alles öffentlich debattiert wird, ist die Stimmung im Eimer, und Dominik spricht wieder bei Jana-Maria vor, um sich als ihr Seelentröster zum Affen zu machen. Die Grazien müssen bei Laune gehalten werden.

Andererseits hat er es ja auch nicht leicht bei lauter TV-gierigen Schönheiten, von denen sich nicht jede als unzumutbar, doch manche als inkompatibel  erweist. Wenn er das endlich begreift, verabreicht er bei der Trennung gefühlvolle Sätze wie diesen: „Du siehst bombastisch aus, aber es passt leider nicht.“ Auch solche Entlassbescheide können Hormonkrisen auslösen. In Folge sechs werden jedenfalls Yasmin und Lara in die mexikanische Wüste geschickt; sie tragen die Bürde mit Würde.

Herr Stuckmann ist natürlich keine Denkfabrik auf zwei Beinen, sondern ein sogenannter Unternehmer, der zum Pragmatischen neigt. „Ich freu mich riesig auf dieses Date“, sagt er mit Dauersmiley, und wenn eine Dame erwählt wird, verwandelt sie sich unverzüglich in eine Gottesanbeterin: „Oh my god!“ Nach jedem Date sagt er unter notorischer Beugung der deutschen Grammatikregeln: „Das war einer der besten Dates.“ Skepsis gegenüber seinem Verstand werden allerdings auch von weiblicher Seite laut: „Wenn er ausgerechnet der eine Rose gibt, zweifle ich an seinem IQ!“

Es gibt nicht viele Gründe, diese Serie anzuschauen. Wer sich freilich das Jugendvokabular von heute draufschaffen will, muss den „Bachelor“-Kursus belegen. Zwischen zweien passt es nicht, sondern es „matcht“. Wenn zwei aneinander Gefallen haben, haben sie den „Connection-Punkt“ gefunden. Oft handelt es sich um „krasses Interesse“, manchmal fällt es „mega“ aus. Das Niveau ist zuweilen unerwartbar tief und bedient die Vermutung, dass etwas Trash nicht schaden kann.

Diesmal müssen die Damen eine Telenovela drehen, wobei sich nicht zum ersten Mal zeigt, dass Dominik sich eigentlich Anna aus Hamburg angeln sollte – sie ist eine der wenigen mit gesunder Zurückhaltung und gedanklicher Durchdringung dieses Unsinns hier. Doch dazu wird es nicht kommen, weil sie ihm turmhoch überlegen und ein paar Jahre erwachsener ist. Stattdessen erfährt man aus Franziskas anbetungsvollem Mund, dass „der Bachelor optisch voll meinem Schema entspricht“. Die Blondine müht sich unentwegt, ihre optischen Vorzüge beim Bachelor ins rechte Licht zu stellen, und strahlt ihn an wie die Sonne über Mexiko. Hinterher wird er tiefenentspannt sagen: „Wir sind gut in den Talk reingekommen. Ich entdecke immer neue Seiten an ihr.“ Sobald er sie ausreichend erforscht haben wird, ist ihre Abwahl eine Frage von wenigen Tagen.

Jana-Maria und Dominik bei einem der begehrten Einzeldates.

Jana-Maria und Dominik bei einem der begehrten Einzeldates.

Foto: RTL

Das ist das Schöne am „Bachelor“: die aus Zeit, Raum und Vernunft gefallene Versuchsanlage des Formats. Der Vorgang der Partnerfindung wird über Monate gestreckt, zweifellos werden noch einige Gaumenzäpfchen berührt werden, bis am 23. März die letzte Rose in zarte Hand gelangt. Dieses grausige Warten verkürzen wir uns mit einem unvergesslichen Dialog aus der allerersten Folge, da der Bachelor die Emily aus Klagenfurt begrüßte: „Woher kommst du?“ – „Aus Österreich.“ – „Heiliger, das ist ja über die Grenze!“

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