Tatort "Alter Ego" Depression in Dortmund

Dortmund · Der Ermittler muss Tabletten nehmen, um seine Gefühlswelt in den Griff zu bekommen. Überhaupt wird im neuen "Tatort" gerne bedeutungsschwanger in die Ferne geschaut. Manchmal wirkt dies schon ungewollt komisch.

Depression im Dortmunder Tatort "Alter Ego"
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In der nächsten Szene steht unvermittelt der neue Chef der Mordkommission Peter Faber (Jörg Hartmann) auf dem Dach seiner alten Schule. "Sie wollen hier nicht den Sittich machen, oder?", fragt der Hausmeister. Faber raunt: "Alles verändert sich."

Das gilt wohl für auch für die Pilot-Folgen neuer "Tatort"-Teams. Neben die Münsteraner Krimi-Komödie und die Kölner Sozial-Oper stellt der WDR als dritten "Tatort" nun ein Dortmunder Depressions-Theater, das so sehr nach Figuren-Tiefe und Bedeutung schielt, dass es schon wieder unfreiwillig lustig ist. Mag sein, dass Drehbuch-Autor Jürgen Werner nach 117 Drehbuch-Folgen für das "Forsthaus Falkenau" einfach jeder Sinn dafür fehlt, wie denn wohl ein Dortmunder Tatort aussehen könnte, der sich für Dortmund interessiert.

Seit Wochen schickt der WDR Hauptdarsteller Jörg Hartmann auf Werbetour für einen Kommissar, der täglich eine Pille gegen Depressionen nimmt, vor allem aber ein selten komischer Vogel ist: Am Tatort spielt Kommissar Faber, er sei der Täter ("Warum habe ich das gemacht? Ich komme von hier. Wieso?"), was seine Kollegen sehr befremdlich finden.

"Schon beim Lesen des ersten Exposés dachte ich: Die Figur Peter Faber reizt mich sehr. Wenn er ermittelt, taucht er ab in seine eigene Welt, gnadenlos", so Hartmann. Der in Sachen "Tatort" Quoten-verwöhnte WDR könnte am Sonntag erstmals erfahren, wie gnadenlos Zuschauer wegschalten, wenn es ihnen zu blöd wird.

Dass der Dortmund-"Tatort" sich entwickeln kann, ist das freundlichste, was sich nach der unterirdischen Startfolge "Alter Ego" über die Mischung aus übertriebener Schauspielerei und Klischee-Verwurstung sagen lässt: Der Tote ist ein Homosexueller, als Hauptverdächtiger schnell ein fundamentalistischer Christ ausgemacht, an dem sich die Ermittler als nebenberufliche Glaubens-Kritiker abarbeiten.

Immerhin der Dortmunder Oberbürgermeister zeigte sich nach der lokalen Premieren-Vorführung im Westfalen-Stadion zufrieden. Wohl vor allem damit, dass seine Stadt nun einen Tatort hat, Essen, Duisburg und Düsseldorf aber nicht. Dass das "Tatort"-Dortmund überwiegend aus Kölner Kulissen besteht, stört da nicht weiter.

(RP/csi/felt/pst)
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