"Borgia"-Regisseur Hirschbiegel "Das war eine Explosion der Sinne"

Hamburg (RPO). Intrigen, Sexorgien, Giftmorde - beim Geschichtsepos "Borgia" konnte Regisseur Oliver Hirschbiegel ("Der Untergang") aus dem Vollen schöpfen. Im Interview spricht Hirschbiegel unter anderem über die gewagten Sexszenen, die für ihn aber bestens in die damalige Zeit passen. Die Dreharbeiten waren jedoch mehr als anstrengend.

 Oliver Hirschbiegel gilt als einer der erfolgreichsten Filmemacher Deutschlands.

Oliver Hirschbiegel gilt als einer der erfolgreichsten Filmemacher Deutschlands.

Foto: ddp, ddp

Das ZDF zeigt den bildgewaltigen Sechsteiler über den Aufstieg der berüchtigten Adelsfamilie zur Zeit der Renaissance ab 17. Oktober - über zwei Wochen verteilt jeweils montags, mittwochs und donnerstags um 20.15 Uhr. Im Interview mit der Nachrichtenagentur dapd berichtet der erfolgreiche Filmemacher über seine Erfahrungen.

Sie haben ja einige Erfahrung in der Umsetzung von historischen Stoffen, bislang allerdings eher der jüngeren Geschichte, etwa der NS-Zeit oder dem Nordirlandkonflikt. Was hat Sie an einem Historiendrama wie "Borgia" gereizt?

Hirschbiegel: Vor dem "Untergang" hätte ich wahrscheinlich Nein gesagt, aber da habe ich gemerkt, wie toll es ist, historische Stoffe zu drehen, jedes Detail zu recherchieren. Die Renaissance ist ja wie eine Explosion der Sinne, die wilden 20er, 30er Jahre kombiniert mit den Sixties hoch drei! Und nicht mal beim Untergang habe ich soviel bauen dürfen! Wir haben ja den halben Vatikan nachgebaut.

Hätten Sie gern in einer dieser wilden Epochen gelebt?

Hirschbiegel: Jede Zeit ist spannend, aber ich möchte eigentlich nicht tauschen. In unserer Epoche weiß ich, wer ich bin und was ich erreicht habe. In der Renaissance wäre ich vielleicht ein Looser gewesen. (lacht)

Sie haben ja "nur" bei den ersten beiden Folgen der aktuellen Staffel Regie geführt. Warum das?

Hirschbiegel: Das, was ich gemacht habe, war kräftemäßig schon an der Grenze des Möglichen.

Weil Sie beim Dreh selbst so tief in diese Welt eintauchen?

Hirschbiegel: Ich werde dann schon ein Teil dieser Welt. Wenn du das Dritte Reich erzählst, jeden Tag mit den Nazis im Bunker, ist das schon eklig. Da musst du zusehen, dass du abends wieder rauskommst. Ich fange an, zu denken und zu fühlen wie die Schauspieler, wir sind dann auf einer Ebene, das ist so eine Art wortloser Energieaustausch.

War es für Sie dann nicht schwierig, an die anderen Regisseure zu übergeben? Hatten Sie nicht Bedenken, dass die weiteren Folgen ganz anders werden als Ihre?

Hirschbiegel Eigentlich nicht, denn man entwickelt ja alles zusammen mit den Schauspielern über Monate hinweg. Da ist ja dann schon viel vorgegeben. Und auch die Schauspieler passen natürlich auf, dass ihre Rollen stimmig bleiben. So bleibt es ziemlich homogen. Und Gott sei Dank haben die Anderen meine Vorgaben gemocht. Sie hatten dadurch ja auch sehr viel weniger Aufwand. (lacht)

Die Sex- und Gewaltszenen sind, vor allem zur Primetime im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, ja ziemlich gewagt?

Hirschbiegel: Naja, es geht schließlich um die Borgia - das ist ein Versprechen! Du kannst nicht sagen, du drehst ein historisches Drama und es dann nicht so zeigen, wie es war. Und es war nun mal eine Zeit voller Gewalt, Sex, eben eine Explosion der Sinne nach jahrhundertelanger Unterdrückung. Wenn du authentisch sein willst, musst du das auch zeigen. Dabei deute ich ja nur an, was sich damals wirklich abgespielt hat. Etwa die Gewaltexzesse, die Methoden des Folterns, das war in Wirklichkeit viel extremer.

Die erste Staffel der "Borgia" ist in Deutschland noch nicht angelaufen, da ist schon eine Fortsetzung im Gespräch. Würden Sie noch einige Folgen machen wollen?

Hirschbiegel: Unbedingt! Diese Geschichte geht ja so wahnsinnig weiter - da ist es mir ziemlich egal, wo ich wieder einsteige!

(DAPD/csi)
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