30 Jahre Schimanski-Tatort Das S-Wort gleich im ersten Satz

Duisburf (RP). Am 28. Juni 1981 ging der erste Schimanski-Tatort "Duisburg-Ruhrort" über den Sender – und nicht nur die Duisburger unter den 15,4 Millionen TV-Zuschauern waren entsetzt. Inzwischen sucht der WDR einen Nachfolger.

Der Mann steht im roten T-Shirt vor einem dreckigen Fenster und guckt auf eine noch dreckigere Stadt. Aus dem Radiorekorder scheppert "Leader Of The Pack", zu Deutsch: Anführer der Bande. Nach 45 Sekunden dreht der Mann sich um und blickt verloren auf seine zugemüllte Küche. Er wischt sich die Hände am T-Shirt ab, haut sich schließlich zwei rohe Ei ins Glas und kippt sie runter.

Der Mann greift sich zwei Mülltüten, wirft sich eine graue M 65-Militär-Feldjacke über die Schulter und geht auf die Fürst-Bismarck-Straße hinaus. Als vor ihm ein Fernseher auf das Kopfsteinpflaster knallt, brüllt Horst Schimanski nach knapp drei Minuten seinen ersten Satz: "Zottel, du Idiot, hör auf mit der Scheiße!"

Jacke im Museum

Die Jacke hängt längst in einem Duisburger Museum, die frühere Ruhrorter Schifferkneipe "Zum Anker" ist inzwischen ein vom NRW-Frauenministerium ausgezeichnetes Café zweier Unternehmerinnnen. Am Dienstagabend feiern sie dort das "inoffizielle Jubiläum am Original-Drehort"; für fünf Euro Eintritt gibt es ein Kaltgetränk inklusive.

Immerhin, ein Teil der Inneneinrichtung ist noch die gleiche wie vor 30 Jahren, als sich die neuen Duisburger Tatort-Kommissare Horst Schimanski und Eberhard Thanner in der Auftaktfolge "Duisburg-Ruhrort" dort zum Muschelessen niederließen.

Noch während der Ausstrahlung am 28. Juni 1981 riefen hunderte Zuschauer beim WDR an, um sich über den rüpeligen Kommissar zu beschweren.

"Eine infame Beleidigung"

Das Echo war verheerend: "Werft den Prügel-Kommissar aus dem Programm", forderte ein Essener Blättchen, sogar noch in Bayern ereiferte sich eine Regionalzeitung: "Diese Sendung war eine infame Beleidigung für jeden anständigen und korrekten Beamten, der seinen aufopferungsvollen Dienst für die Bevölkerung verrichtet."

Der damalige Leiter der Duisburger Mordkommission erklärte zur Figur des Horst Schimanski, bei ihm würde dieser Mann nicht einmal Fahrrad-Diebstähle bearbeiten dürfen.

Die Duisburger Stadtverwaltung sorgte sich jahrelang, das "Schimanski"-Image zeichne ein völlig falsches Bild der Stadt und behindere damit in der Öffentlichkeit die Wahrnehmung des erfolgreichen Strukturwandels. Wer sich heute in Duisburg auf die Suche nach den schmuddeligen Drehorten der frühen Schimanski-Tatorte macht, sucht in der Tat vergeblich. Die meisten heruntergekommenen Ecken aus den 29 Schimanski-Tatorten zwischen 1981 und 1991 sind längst wegsaniert.

Auf der Liste der bekanntesten Duisburger dürfte die Kunstfigur "Schimmi" bis heute dennoch weit vor August Thyssen, Franz Haniel, Theodor König oder Gerhard Mercator rangieren.

Eine Revolution

Für den ARD-Tatort war Schimanski vor 30 Jahren nicht weniger als eine Revolution. In der Auftakt-Folge verabschiedete das Raubein vor einer Polaroid-Reklametafel mit Hansjörg Felmy, der von 1974 bis 1980 den beliebten Essener Kommissar Haferkamp dargestellt hatte, symbolisch all seine Vorgänger in den Ruhestand und band sich auf dem Weg zur nächsten Prügelei noch rasch die Schuhe zu.

Nach Schimanski gab es im "Tatort" kein Zurück mehr zu den biederen korrekten Kriminalbeamten im Münchner Derrick-Stil. Und obwohl sich die Figur reichlich überlebt hat, schalteten die längst vom Tatort entkoppelte jüngste Schimanski-Folge "Schuld und Sühne" im Januar immerhin noch 9,17 Millionen Zuschauer ein.

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