TV-Doku Das Leid in Deutschlands Ferkelfabriken

Mainz · Discounter bieten Fleisch zu Billigpreisen an - was das für die Methoden in der Tierzucht bedeutet wird immer wieder diskutiert. Jetzt klärt eine ARD-Doku auf: Die Reporter haben in Ferkelzuchten grausame Szenen festgehalten. Ungeeignete Tiere werden brutal totgeschlagen und in Tonnen entsorgt.

 In vielen deutschen Ferkelzuchten gehören grausame Methoden zum Alltag.

In vielen deutschen Ferkelzuchten gehören grausame Methoden zum Alltag.

Foto: dpa, mac vfd fux

Sauen vegetieren in engen Kastenständen, können sich nicht umdrehen, nur mit Mühe aufstehen. Viele haben offene Wunden, wirken apathisch. Unzählige Ferkel überleben die ersten Stunden nicht. Die Aufnahmen sind nur schwer zu ertragen.

Die ARD-Reporter Monika Anthes und Edgar Verheyen haben für ihre Reportage etliche Betriebe in Deutschland unter die Lupe genommen. Mit kleinen Kameras, die in zehn Ställen installiert wurden, dokumentierten sie, was sonst niemand zu Gesicht bekommt: der Umgang des Personals mit den Ferkeln in Tierzuchten.

Immer wieder filmen sie ähnliche Szenen: Arbeiterinnen gehen durch die Ställe und greifen Ferkel aus den Stallbuchten, schlagen diese routiniert auf den Boden oder die Stallkante, werfen sie dann in überfüllte Kadavertonnen. Eine Aufnahme aus einem Großbetrieb zeigt, wie lebende Tiere in Eimer geworfen und dann mit toten Tieren und Nachgeburten bedeckt werden.

Dr. Karl Fikuart, ehemaliger Kreisveterinärdirektor, sagt dazu: "Das ist eine Verrohung, die kaum noch zu übertreffen ist. Das sind keine Tierunterkünfte mehr, das ist eine Fabrik. Ich schäme mich als Tierarzt, dass wir nicht aufgepasst haben, dass dieses System sich nicht in dieser Form ausbreiten konnte und praktisch zum Standard geworden ist." Die Fülle des Bildmaterials, sowohl aus Großbetrieben als auch aus kleinen Familienbetrieben, legt den Verdacht nahe, dass es sich nicht um das Versagen Einzelner handelt.

"Ferkelaufzucht ist ein Massengeschäft. Das heißt man muss sich als Landwirt überlegen, wie viel Zeit habe ich für das einzelne Ferkel, damit ich überhaupt in die Verlegenheit komme, Geld zu verdienen", sagt der Lebensmittelökonom Prof. Markus Mau. "In letzter Konsequenz bin ich als Landwirt Unternehmer und es muss ja auch was überbleiben. Und leider ist es so, dass bei den Abgabepreisen praktisch nichts überbleibt. Die Tiere tragen in letzter Konsequenz die Auswirkung der Preisstruktur, die wir im Supermarkt vorfinden."

Masse statt artgerechte Haltung

Billigfleisch im Supermarkt, das geht nur durch eine extrem rationalisierte, kostenorientierte Produktion. Um das zu erreichen, haben die Ferkelzüchter in den letzten Jahren vor allem auf eines gesetzt: Masse. Möglichst viele Ferkel pro Sau, war das Ziel der Zucht. Die Folge ist, dass heute sehr viele Sauen mehr Ferkel werfen, als sie ernähren können.

Außerdem werden viele kleine Tiere geboren, deren Aufzucht aufwendig und teuer ist, erklärt Dr. Cornelie Jäger. "Diese Tiere haben eine Chance. Aber das würde bedeuten, dass man Aufwand betreibt mit einer speziellen Krankenbucht, mit einer Amme, auch mit entsprechender nächtlicher Überwachung. Machen kann man das, aber das ist eine Frage des Geldes."

Doch finanzielle Überlegungen sind kein vernünftiger Grund, um ein Ferkel zu töten. Das haben die Landwirtschaftsminister von NRW und Niedersachsen Anfang Juli nochmals per Erlass klar gestellt. Wer einem Tier Leiden oder Schmerzen zufügt oder es ohne vernünftigen Grund tötet, kann zu einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren verurteilt werden. Aktuell ermitteln in Deutschland aus diesem Grund zwei Staatsanwaltschaften gegen Ferkelzuchtbetriebe.

Die ARD-Dokumentation über Ferkelzuchten in Deutschland ist in der Reihe "Exclusiv im Ersten" am Montag, den 14.7.2014, um 21.35 Uhr zu sehen.

(ham)
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