Langeweile bei ProSieben-Show Das große "Kipp-Roll-Fall-Gähn-Spektakel"

Köln (RPO). "Das große Kipp-Roll-Fall Spektakel" entwickelte sich am Samstagabend zu einer wahren Zumutung. Langeweile, nervige Moderatoren, wirre Regeln und zahlreiche Pannen - so eine Show braucht eigentlich niemand.

 Matthias Opdenhövel (r.) und Sonya Kraus moderierten das "Spektakel".

Matthias Opdenhövel (r.) und Sonya Kraus moderierten das "Spektakel".

Foto: ProSieben

Für alle, die es nach Tagen der Dauerankündigung auf ProSieben noch nicht wussten - darum ging es: Über 33 Kilometer sollte eine Kettenreaktion von einem Studiogelände in Hürth zum Flughafen Köln-Bonn und wieder zurück laufen und damit ein Weltrekord aufgestellt werden. Eine Pferdekutsche, 40 Harley-Davidson-Motorräder, eine Dampflokomotive, eine Boeing, volle Badewannen und und und kamen dabei zum Einsatz.

Anders ausgedrückt: Domino-Day ohne Dominos, aber mit viel Kawumm.

Der Anfang war ja noch ganz nett. Der kalifornische Seelöwe Paul löste die Kettenreaktion aus, indem er in ein Wasserbecken hechtete und an einer Leine zog. Los ging es also. Nach ungefähr fünf Minuten, in denen allerlei Dinge kippten, rollten und fielen (der Titel der Show versprach also nicht zu viel), drängte sich aber unweigerlich eine Frage auf: Die können das doch nicht zweieinhalb Stunden so weitermachen, oder? Und ob. Sie konnten. Und zwar weit länger als zweieinhalb Stunden.

Wer sich daran erfreuen konnte, dass ein Gymnastikball einen anderen Ball anstieß und damit ins Rollen brachte, der war in der Anfangsviertelstunde hier gut aufgehoben. Alle anderen, denen das früher schon im Schul-Sportunterricht keine "La ola" entlocken konnte, hatten den Daumen wahrscheinlich schon nervös an der Umschalttaste ihrer Fernbedienung.

Selbst die Bälle hatten keine Lust

Nach rund 20 Minuten blieb die Kette dann das erste Mal stehen. Weil irgendwelche "laufenden Schuhe" einen Ball nicht richtig trafen und der folglich nicht in ein Tor rollte. Böser Ball. Machte aber nix - die Regeln durchschaute sowieso niemand. Also einfach das nächste Objekt in der Reihe per Hand anstoßen. Man konnte ja nicht einfach aufhören. Leider.

Noch nie war ich so dankbar für eine neunminütige Werbepause. Puh, erst mal durchschnaufen nach der ganzen Aufregung. Und man konnte noch mal richtig nachlachen über lustige Sprüche von Moderator Matthias Opdenhövel. Hätte es nur welche gegeben.

Seine Kollegen standen ihm allerdings in nichts nach: Sonya Kraus und Stefan Gödde schienen "Guck mal, die Kette geht weiter" für eine tolle Information zu halten. Vielleicht hatten die aber auch einfach nur schon gemerkt, dass sie einen Flop moderierten.

Joey Kelly durfte nicht fehlen

Als dann auch noch Joey Kelly - offenbar für jede ProSieben-Show bis 2023 verpflichtet - auf dem Bildschirm erschien und nach seinem Skisprung auf eine Matte über eine bereits zuvor zugezogene Verletzung klagte ("Ich habe mir eine Sehne gezogen"), wurde ich langsam unruhig.

Aber was hätte ich verpasst, wäre ich meinem Wunsch zum Senderwechsel gefolgt: Ein Elektroauto löste einen Faden vom Strickkleid der schönen Giulia Siegel und ribbelte es Masche für Masche auf. Uiuiui.

So zumindest war der Plan. Klappte aber natürlich auch nicht, die Entkleidung mussten die Jungs vom Motorradclub "Lucifer's Dragon" manuell übernehmen. Was als "sexy" angekündigt worden war, wurde letztlich ungefähr so erotisch wie eine Reifenpanne bei Hagelschauer.

Weil das alles so lange dauerte, dass man zwischenzeitlich noch die "Pate"-Trilogie hätte schauen können, durfte Frau Siegel zumindest ein wenig über ihre neue Show plaudern, in der sie einen Mann fürs Leben sucht. Ist schon in meinem TV-Kalender markiert.

Was gab's noch? Ach ja, die dauerquasselnde Model-Schönheit Jana Ina wurde naß. Gut, das ist der Brasilianerin an der Copacabana wahrscheinlich auch schon mal passiert - aber so lustig war das sicher nicht.

Enden sollte das Festival der guten Laune eigentlich um 23 Uhr, aber da flogen noch immer Tischtennis-Bälle durchs Bild. Zu welcher Teilkette das alles gehörte, (und wofür man als Zuschauer für schlappe 50 Cent pro Minute noch mal anrufen konnte), hatte da wahrscheinlich der treueste Fan aus dem Gedächtnis verbannt.

Die Spannung der Schnellhefter

Um 23.19 trällerte Herr Opdenhövel: "Gleich geht's weiter mit der nächsten Kette!" Da bahnten sich gerade doch noch Domino-Steine ihren Weg durch ein Bürogebäude, wenig später fielen auch noch die Schnellhefter. Mehr Spannung geht echt nicht - ProSieben hatte sich das Beste für den Schluss aufgehoben!

Aber Schluss war ja noch gar nicht. Plötzlich wurde ein Musik-Act dazwischengeschoben - die finnische Band "Sunrise Avenue" rockte. Das passte ganz gut ins Bild, denn tatsächlich schien sich das "Spektakel" bis zum Sonnenaufgang hinzuziehen.

"Interessante Dinge warten noch auf uns", hieß es um 23.44. Zu diesem Zeitpunkt lernte man die verschiedenen Arten eines Lagerfeuers kennen. Ein Dank an die Pfadfinder von dieser Stelle. Irgendwas ging aber auch bei diesem 17. Teilstück der 28. Kette schief, am Ende wurde ein Streichholz zu Hilfe genommen.

Spätestens jetzt sehnte man sich nach dem C-Horror-Schocker "Shrooms", den ProSieben für 23 Uhr angekündigt hatte. Schlechter als die nun folgende "Zwiebelrutsche" (ist genau das, was man vermutet) konnte der Streifen sicher nicht sein.

Um 0.03 Uhr war klar, dass der angestrebte Weltrekord nicht erreicht wurde. Opdenhövels Versprechen, man werde im nächsten Jahr "wieder angreifen", klang eher wie eine Drohung. Schließlich hüpften noch Feuerwehrleute jubelnd durch die Gegend - sie hatten mit ihrer Teilkette am Flughafen irgendwas gewonnen.

Verloren hatte an diesem Abend nur einer - der Zuschauer.

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