Grüne Juristen twittern Rechtsverstöße im ARD-Krimi Darf der "Tatort" das?

Hamburg/Berlin · Normale "Tatort"-Fans werden Paula Riester ebenso wenig kennen wie Konstantin von Notz. Noch nicht jedenfalls. Denn unter dem Twitter-Account @TatortWatch überwachen die beiden Grünen-Politiker seit Sonntagabend den ARD-Krimi. Sie protokollieren, ob die Polizei im Film Bürgerrechte verletzt.

Tatort: Borowski und der brennende Mann
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Im Original liest sich das so: "Aus Liebe zum #Tatort und #BürgerInnenrechten dokumentieren hier #Grüne Rechts- & InnenpolitikerInnen BürgerInnenrechtsverletzungen live." So steht es in der Selbstbeschreibung des Accounts. Zwar handelt es sich nicht um ein offizielles Projekt der grünen Bundestags-Fraktion. Dennoch begann die politische Debatte im Netz sofort.

"Neues grünes Bevormundungsprojekt"

So twitterte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe: "Neues #grünes Bevormundungsprojekt: Jetzt werden die Figuren im #Tatort überprüft, ob sie sich richtig verhalten. #tatortwatch Echt irre!!" Wenig später setzte der Neusser Bundespolitiker nach: "Wann starten #grüne MenschenWatch? Atmen, arbeiten, schlafen, denken, träumen, leben Sie richtig? Grüne Volkserzieher sagen, wo's lang geht!" Aus dem Stand erreichte der grüne TatortWatch-Account mehr als 1000 Follower. Auch auf anderen Twitter-Kanälen wie @NDRnetzwelt des für den Kieler "Tatort" zuständigen NDR wurden die biederen und erwartbar langweiligen Überwachungs-Tweets eifrig diskutiert.

Beim ersten Einsatz zur Kieler Folge "Borowski und der brennende Mann" lieferte Paula Riester, die Fraktionssprecherin von Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Bezirksparlament Friedrichshain-Kreuzberg ist (und im September in den Bundestag will), während der 90 "Tatort"-Minuten ganze 21 Tweets ab.

Kostproben: "Lieferanten einfach mal so mit SEK und gezogener Waffe überprüfen....muss ja nicht sein #Tatort" oder "Keine Überraschung - das Seminar zur Belehrung über Zeugen- und Beschuldigtenrechte haben die Kommissar_innen wohl geschwänzt #Tatort" Die grünen "Tatort"-Taliban kamen am Sonntagabend zu dem generösen Urteil: "Fazit: Wenn man mal von den fehlenden Belehrungen absieht, war die Polizei heute ganz korrekt #Tatort".

"Der Tatort ist keine Doku"

Dass Kritiker der wenig spaßig gemeinten grünen Bürgerrechts-Benimm-Schule für "Tatort"-Polizeiarbeit dahinter durchaus ernste Angriffe auf die fiktionale Unterhaltung sehen, mag auch an den involvierten grünen Politikern liegen. Zu gehört zu den Initiatoren der grüne Bundestagsabgeordnete Dr. Konstantin von Notz. Der Rechtsanwalt gehört sowohl dem Innenausschuss des Bundestages als auch seiner Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" an. Paula Riester verteidigte die "Tatort"-Überwachung auf ihrem persönlichen Twitter-Account mit der Erklärung: "Klar ist der #Tatort keine Doku dennoch ist es hinterfragenswert, ob da alles so korrekt verläuft".

Der Kölner Schauspieler Gerd Buurmann liest den grünen Sittenwächtern in seinem Blog "Tapfer im Nirgendwo" kräftig die Leviten. Zitat: "Darf der Tatort das? Was ist das überhaupt für eine Frage? Der Tatort ist Kunst. Merkt Ihr eigentlich nicht, wie Ihr indirekt fragt: Darf die Kunst das? Til Schweiger hat in seinem letzten Tatort so ziemlich jede Minute irgendeine bürokratische Regel des deutschen Polizeidienstes gebrochen. Einige wurden sogar thematisiert, die meisten jedoch nicht. Mir hat der neue Tatort richtig Spaß gemacht. Was war dieser Tatort für Euch? Entartet? Seid Ihr jetzt die neuen Tugendwächter der Kunst? Natürlich alles nur aus Liebe! Alles nur aus Liebe, dass ist Euer Leitmotiv. Das Akronym von "Alles nur aus Liebe” ist übrigens AnaL und am selbigen könnte ihr mich lecken, wenn ihr das dürft."

Den Kieler "Tatort" sahen am Sonntagabend 9,31 Millionen Zuschauer. Er erreichte damit einen Marktanteil von 27 Prozent. Auf der Rangliste der Fan-Seite "Tatort-Fundus" wurde er als bislang beste Folge des Jahres 2013 eingestuft.

Fazit: Wenn man mal von den fehlenden Belehrungen absieht, war die Polizei heute ganz korrekt #Tatort

(tüc)
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