Ex-„Bild“-Chef Reichelt bei „Chez Krömer“ „Streicheln war ja auch später Ihr Ding“

Düsseldorf · Der ehemalige „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt hat sich bei „Chez Krömer“ den Fragen von Comedian Kurt Krömer gestellt, sich jedoch nicht auf ein Kreuzverhör eingelassen. Beim Thema Machtmissbrauch drohte Reichelt gar mit einem Abbruch des Interviews.

Julian Reichelt: Ex-"Bild"-Chef, Reporter, Kriegsberichterstatter, Chefredakteur
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Das ist Julian Reichelt

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Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Frauke Petry, Rapper Bushido, Sawsan Chebli: Die Gäste bei „Chez Krömer“ zeichnet aus, dass sie als umstritten gelten und dem 47-jährigen Entertainer Kurt Krömer jede Menge Raum für unangenehme Fragen bieten. Umstritten ist auch der ehemalige „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt, der in der Sendung am Dienstagabend zu Gast war. Er ließ im Gegensatz zu anderen Gästen aber nicht auf das Kreuzverhör ein.

Die Sendung beginnt mit einem Gespräch über Stress und Rauchen, doch das währt nicht lange. Die „Bild“-Zeitung sei mit Reichelt radikal geworden und nach rechts gerutscht, wirft Krömer Reichelt gleich zu Beginn vor. „Das ist Klischee“, erwidert Reichelt. Er sei als Kriegsreporter in Syrien gewesen und habe immer gesagt, dass man helfen müsse. Aufgrund seiner Willkommenskultur habe die Zeitung sogar Leser verloren. Grund für die spätere, kritische Haltung gegenüber Flüchtlingen sei das seiner Ansicht nach schlechte Management der Regierung gewesen.

Ähnlich selbstsicher widerspricht Reichelt wissenschaftlichen Erkenntnissen, wonach Bilder von Amokläufern nicht gedruckt werden sollten, weil dies neue Anschläge wahrscheinlicher provoziere. Reichelt hält das für „Quatsch“ – er sei dafür, zu zeigen, was ist. Eine Rüge habe er mal bekommen, weil er vergaste Kinder in Syrien gezeigt habe, um auf die Situation aufmerksam zu machen. „Der Presserat ist so politisiert, dass man die Rügen-Policy nicht ernst nehmen kann“, kritisiert er.

Auch mit dem Fall Kasia Lenhardt, für den die „Bild“ auch gerügt wurde, konfrontiert Krömer Reichelt. Die „Bild“ habe damals private Nachrichten zwischen ihr und ihrem Ex-Freund, dem Fußballer Jérôme Boateng, öffentlich gemacht. Das Model habe das in eine Krise gestürzt. Im Februar 2021 wurde Lenhardt tot in einer Wohnung entdeckt. Reichelt rechtfertigt sich damit, dass die Chatverläufe bereits auf Instagram öffentlich gewesen seien. Ebenso unbeeindruckt spricht er über seine Kampagne gegen den Virologen Christian Drosten. Er sei stolz auf die Geschichte, die der Presserat damals gerügt hatte.

Dann kramt Krömer eine alte Kolumne des ehemaligen „Bild“-Chefs mit dem Titel „Reichelt streichelt“ hervor. „Streicheln war ja auch später dann Ihr Ding“, stichelt Krömer in Anspielung auf die bekanntgewordenen Affären des damaligen „Bild“-Chefs mit ihm unterstellten Angestellten, die er später befördert haben soll. Krömer lässt nicht locker, zeigt Ausschnitte von Betroffenen - doch Reichelt will nichts davon wissen. Er streitet die Vorwürfe ab und sagt, dass sämtliche Frauen bezüglich des Machtmissbrauchs lügen würden. Krömers Videobeispiele bezeichnet er als „anonymisierten Schmutz“, leugnet seinen Drogenkonsum und droht, das Studio zu verlassen, wenn Krömer nicht mit den Fragen zu seinem Privatleben aufhöre.

Warum Reichelt bei der „Bild“ rausgeflogen sei, möchte Krömer wissen. „Das weiß ich bis heute nicht. Das hat man mir so klar nie gesagt“, antwortet Reichelt. Die öffentlichen Begründen stimmten nicht, er empfinde sie als Teil einer Kampagne gegen sich.

Diese Aussagen führten zu massiver Kritik an der Sendung. Sie böten Reichelt eine Plattform, die Vorwürfe gegen sich zu leugnen und sich als Opfer darzustellen. Viele kritisierten in dem Zusammenhang auch die Interviewführung von Krömer, der an vielen Stellen das Potenzial für eine harte Konfrontation liegen gelassen habe.

(hf)
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