Altmaier bei „Lanz“ „Wir sind alle Teil des Problems“

Düsseldorf · Die neueste Volte der Union ist am Donnerstagabend ein großes Thema bei „Markus Lanz“. Die anwesenden CDU-Politiker üben in der Talkrunde nicht nur Selbstkritik.

 Die Talkrunde bei „Markus Lanz“ am 7. Oktober 2021.

Die Talkrunde bei „Markus Lanz“ am 7. Oktober 2021.

Foto: ZDF

Am Donnerstagabend drehte sich der Talk bei „Markus Lanz“ in weiten Teilen um die Gegenwart und Zukunft der CDU/CSU.

 Die Gäste:

  • Peter Altmaier (CDU), Bundeswirtschaftsminister
  • Christoph Ploß (CDU), Landesvorsitzender aus Hamburg
  • Alexander Graf Lambsdorff (FDP), Politiker
  • Ulrike Herrmann, Wirtschaftsjournalistin
  • Gregor Peter Schmitz, Journalist

 Darum ging’s:

Um innerparteiliche Geschlossenheit und Loyalität sowie um die Macht des Zitrus-Pakets.

 Der Talkverlauf:

Zum Beginn der Sendung nennt Moderator Markus Lanz seinen Satz des Tages, der am Donnerstag aus dem Mund von CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet kam: Das große Projekt Jamaika werde nicht an einer einzelnen Person scheitern. Das soll sogleich einer der beiden anwesenden CDU-Politiker kommentieren. „Armin Laschet hat heute seine Person ein Stück weit zurückgenommen“, sagt Peter Altmaier. Der Wirtschaftsminister bezeichnet Laschets Auftritt als einen gleichzeitig traurigen Moment und notwendigen Schritt. An dem Wort „traurig“ beißt sich Lanz mit mehreren Nachfragen fest, bekommt aber weder von Altmaier noch vom Hamburger CDU-Landesvorsitzenden Christoph Ploß einen Einblick ins private Gefühlsleben.

Stattdessen pocht Altmaier darauf, dass seine Partei sich umgehend mit einer Erneuerung befassen müsse, statt auf ein Signal für etwaige Jamaika-Verhandlungen zu warten. Dazu liefert der Wirtschaftsminister die Lehren, die die CDU seiner Ansicht nach aus dem Ergebnis der Bundestagswahl ziehen sollte. „Die Wähler haben uns klar gesagt, dass sie mit unserer personellen und inhaltlichen Ausrichtung nicht einverstanden sind“, sagt er. Eine Lektion sei, dass Wähler wegen eines unzureichenden Angebots an Renten- und Sozialpolitik zur SPD wechselten und „moderne Wähler“ zu Grünen und FDP. Zudem habe das personelle Angebot nicht zu einer Offensive im Wahlkampf geführt.

Angesichts dieser Selbstkritik wirft Lanz in den Raum, als Wirtschaftsminister sei Altmaier auch Teil des Problems. „Wir sind alle Teil des Problems“, kontert jener. Gleichzeitig verweist er darauf, dass Regierungsmitglieder nicht das Wahlprogramm der CDU erarbeiten. Seine Forderung nach Erneuerung will Altmaier aber nicht als Lippenbekenntnis verstanden wissen. Er habe etwa im Bundesvorstand Platz für Jüngere gemacht und keine Ansprüche auf zukünftige Kabinettsposten gestellt.

Der Hamburger CDU-Vorsitzende Christoph Ploß kritisiert, seine Partei habe im Wahlkampf nicht den Mut gehabt, pointiert Themen vorzutragen. Als Beispiel nennt er Migrationsfragen. An der Causa Laschet bedauert Ploß vor allem, dass nun wohl erneut der Parteivorsitz wechselt und der Union damit weiterhin Kontinuität fehlt. Ihm sei Zusammenhalt wichtig, vor allem aber, öffentlich gut übereinander zu sprechen.

Der Journalist Gregor Peter Schmitz bescheinigt der Union schon vor der Wahl die Maxime „Wer solche Parteifreunde hat, braucht keine Feinde mehr“. Damit sei die CDU zur Geburtshelferin für die Ampel geworden, da sich die anderen Parteien mit ihrer Geschlossenheit beim Wähler profilieren konnten. Angesichts von Laschets Rede fragt Schmitz: „Müssten einige Leute in seiner Partei nicht eigentlich ein furchtbar schlechtes Gewissen haben?“ Laschet sei zwar ein „grottenschlechter Wahlkämpfer“, aber kein schlechter Mensch.

Nun meldet sich die Journalistin Ulrike Herrmann mit der Frage, woher eigentlich das plötzliche Mitleid für Laschet käme. Sie erinnert daran, dass die Mehrheit der CDU ihn nicht als Kanzlerkandidaten wollte und die Partei damit eine historisch einmalige Situation geschaffen habe. „Eine Partei hatte die Idee, Wahlkampf gegen die eigene Basis zu machen und gegen die eigenen Wähler. Und das ist beim Volk auch genau so angekommen“, sagt Herrmann. Die Kandidatur sei beschlossen worden, als würde das Land der Partei gehören.

Nach einer Dreiviertelstunde wendet sich Lanz dann dem FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff zu. Der Moderator deutet die Ampel-Sondierungsgespräche als Absage der FDP an eine Jamaika-Koalition. Diese Interpretation lehnt Lambsdorff indes ab. „Tatsache ist, dass Debatten, die zur Zeit bei der Union geführt werden, es sinnvoller erscheinen lassen, jetzt erst einmal mit der Sozialdemokratie zu reden“, sagt der FDP-Politiker. Das heiße aber nicht, dass ein späteres Gespräch mit der Union ausgeschlossen sei. Darüber werde die FDP zusammen mit den Grünen entscheiden.

Damit gibt Lambsdorff das Stichwort für diverse Begriffe, die mit „Zitrus-“ beginnen. Herrmann hält fest, dass weder SPD noch CDU die Entscheidungen treffen. Stattdessen hätten Grüne und FDP zusammen mehr Stimmen als die SPD – und dieses Paket sei nun auf Wanderschaft. Die Journalistin findet, eine Ampel würde auch die strategischen Bündnis-Optionen der FDP erweitern. „Im Augenblick sitzen sie in der Todeszone zwischen CDU und AfD.“ Doch dem widerspricht Lambsdorff energisch. Auf Landesebene sei die FDP bereits in verschiedenen Koalitionsformationen vertreten.

Altmaier beteuert, wenn Lambsdorff reden wolle, sei die Union bereit. Allerdings: „Was wir nicht möchten, ist dass wir als dekoratives Element vorgezeigt werden, aber in Wirklichkeit die Weichen in eine andere Richtung gestellt sind.“ Ploß geht derweil ohnehin davon aus, dass aus den Sonderungsgesprächen eine Ampel-Koalition entsteht. Überrascht zeigt er sich allerdings davon, „wie schnell sich die FDP mit den Grünen verheiraten möchte“. Er habe Zweifel daran, ob die FDP ihre Wahlversprechen mit den Grünen umsetzen könne. Lambsdorff weist das Bild einer Eheschließung von sich. „Es ist eine Formation, die der Souverän uns aufgegeben hat“, sagt der FDP-Politiker und verweist auf das Wahlergebnis. Die Alternative zu einer Gelb-Grünen Zusammenarbeit sei eine Große Koalition, und die wolle niemand mehr.

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