Berlin Beckmann gibt Talk in der ARD auf

Berlin · Der Schritt erspart den Intendanten möglicherweise weitere Diskussionen um die Zukunft der umstrittenen Polik-Talks.

Reinhold Beckmann beendet nach 15 Jahren seine wöchentliche Talkshow. Seinen Entschluss scheint er von langer Hand vorbereitet zu haben: Vor drei Wochen habe er seine Entscheidung dem ARD-Vorsitzenden Lutz Marmor und dem Programmdirektor im persönlichen Gespräch mitgeteilt, erläuterte der 57-Jährige in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS).

Mit dieser Weichenstellung für seine berufliche Zukunft hat der für seine sensiblen Gesprächsrunden bekannte Moderator den ARD-Intendanten einen gordischen Konten zerschlagen – zumindest hat er ihn deutlich gelockert. Denn die Diskussionen um die fünf späten Talkshows zwischen Montag und Donnerstag sind mittlerweile zu einer internen Zerreißprobe geworden.

Auch Beckmann weiß um die Bedeutung seines Schritts: Zuerst hätten seine zwei Gesprächspartner "erschrocken" reagiert, dann aber auch "etwas entspannt. Ich hatte den Eindruck, ich löse ihnen ein ARD-internes Gerangel um zu viel Talk im Ersten." Somit habe er das Gefühl bekommen, die beiden seien sogar ganz dankbar über den Vorschlag gewesen.

Nach zahlreicher öffentlicher und interner Kritik an zu vielen Polit-Talks im "Ersten" hatten einige Rundfunkräte eine Reduzierung der fünf Abend-Sendungen auf vier gefordert. Zuletzt kam sogar vom Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks die Forderung eines Abbaus um zwei Sendungen. Doch wie hätte dies funktionieren sollen? Wer hätte schon freiwillig auf seine Show verzichtet?

Beckmann macht es. Allerdings: Er ist auch am meisten aufgerieben worden im internen Gerangel der ARD, im Gerangel um Zuschauer und im Gerangel mit dem ZDF. Im Jahr 2011, als Günther Jauch die ARD-Talkerriege ergänzte, musste Beckmann seinen Sendeplatz am Montag aufgeben und auf den Donnerstag umziehen. Weil dort seine Show mit den ZDF-Sendungen "Maybrit Illner" und "Markus Lanz" kollidiert, sanken die Quoten kontinuierlich. Logisch daher, dass sein Name fiel.

Nach einem Bericht des Magazins "Der Spiegel" sollte an diesem Montag in der Runde der ARD-Intendanten über ein künftiges Talkmodell beraten werden. Ein Vorschlag sah dem Bericht zufolge eine Art Aufteilung mit Anne Will am Mittwochabend vor: alle zwei Wochen Will, alle zwei Wochen Beckmann. Diese Variante hat sich nun erledigt.

"Ich will nicht Gegenstand eines senderpolitischen Ablass- oder Kuhhandels werden, wo keiner weiß, was am Ende rauskommt", sagte Beckmann der "FAS". Er habe den Verdacht, es zähle nicht Qualität, sondern welcher Sender wie viele Talks im Ersten habe.

Nach seinem Abgang wird der WDR mit Frank Plasbergs "Hart aber Fair" am Montag und Sandra Maischbergers "Menschen bei Maischberger" am Dienstag zwei Formate haben und der NDR mit "Günther Jauch" am Sonntag und "Anne Will" am Mittwoch auch zwei – es sei denn, jemand anders verzichtet auch noch.

Rückendeckung erhielt Beckmann, der der ARD im Sektor Sport ("Sportschau") und Produktion von neuen Sendungen erhalten bleiben wird, von seinem Intendanten Marmor, der bestens mit den komplizierten ARD-Strukturen vertraut ist: "Ich verstehe und respektiere die Entscheidung von Reinhold Beckmann. Es ist völlig nachvollziehbar, dass er nach 15 Jahren etwas Neues für uns machen möchte, zumal er die ständigen Diskussionen über die Talkshows ermüdend findet. Dieses Gefühl teile ich."

(dpa)
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