Verlag verärgert Attac verteilt "Zeit"-Plagiate

Frankfurt/Main (RPO). Vorsicht, Fälschung! Globalisierungskritiker verteilten Tausende Zeitungen, die der Wochenzeitung "Die Zeit" auf den ersten Blick täuschend ähnlich sehen. Allerdings sei die Zeitung eine Ausgabe der Zukunft, erklärte das Netzwerk Attac. Die echte "Zeit" reagierte verärgert, schloss rechtliche Schritte aber aus.

 Täuschend ähnlich: die Attack-Version von "Zeit Online".

Täuschend ähnlich: die Attack-Version von "Zeit Online".

Foto: Screenshot

In mehr als 90 Städten haben Attac-Aktivisten am Samstag mit der Verteilung von 150.000 gefälschten Ausgaben der Wochenzeitung "Die Zeit" begonnen. Statt Meldungen von gestern enthalte das täuschend echte Plagiat die "Nachrichten der Zukunft", teilte Attac mit. Die Schlagzeile auf dem Titelblatt lautet "Am Ende des Tunnels". Als Erscheinungsdatum ist der 1. Mai 2010 angeben.

Attac will Lesern Mut machen

Die aktuellen Berichte über die "globale Wirtschafts-, Finanz- Hunger- und Klimakrise" ließen viele Menschen hilflos zurück, erklärte Attac-Aktivistin Jutta Sundermann. "Wir haben deshalb die Zeit weitergedreht und die Nachrichten verfasst, die wir morgen lesen wollen - nicht über ein fernes Paradies, sondern über konkrete Verbesserungen, die denkbar und erstreitbar sind." Ziel sei es, die Vorstellungskraft der Leser zu erweitern und ihnen Mut machen, sich politisch zu engagieren.

Zudem ist eine Attac-Version der "Zeit" online, die der Originalseite bis ins Detail nachempfunden ist. Die Idee eines Zeitungs-Plagiats zur Wirtschaftskrise stammt von der amerikanischen Gruppe Yes-Men, die 2008 eine gefälschte "New York Times" veröffentlicht hatten.

Der "Zeit"-Verlag protestierte gegen die Aktion. "Eine Fälschung der 'Zeit', Print wie Online, können wir natürlich niemals billigen - insbesondere nicht in dieser guten Qualität", sagte eine Sprecherin. Man sei von der Aktion überrascht worden. Rechtliche Schritte gegen Attac schloss die "Zeit" aber aus.

Rückblick auf geplante Demonstrationen

Zu den Autoren der sogenannten Zukunftsausgabe zählt etwa der Journalist und Buchautor Harald Schumann, der unter der Überschrift "Zeit der Abrechnung" von einem imaginären G20-Treffen in Brasilia berichtet, bei dem sich die Industrie- und Schwellenländer auf eine weitreichende Besteuerung großer Privatvermögen und internationaler Konzerne geeinigt haben.

Der Wirtschaftsjournalist Lucas Zeise beschreibt in "Ende einer Ära" die Veränderung der deutschen Bankenlandschaft nach einem Untergang zahlreicher Privatinstitute, der Kabarettist Matthias Deutschmann ein von der Bevölkerung herbeigeführtes Ende des "Kasinokapitalismus".

Weitere Artikel berichten über das imaginäre Ende der Nato, von Schuldenerlassen für arme Länder und einer dezentralen Konferenz der Weltgesellschaft gegen Hunger. Die letzte Seite blickt zurück auf die für den 28. März in Berlin und Frankfurt am Main geplanten Demonstrationen unter dem Motto "Wir zahlen nicht für eure Krise".

(AP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort