Norbert Röttgen bei Anne Will „Wir werden nicht Krieg um die Ukraine in der Ukraine führen“
Düsseldorf · Diplomatie steht hoch im Kurs am Abend bei Anne Will. Sahra Wagenknecht erklärt den Zuschauern Wladimir Putin, und Ursula von der Leyen begründet, warum Russland konkrete finanzielle Sanktionen durchaus ernst nehmen werde.
Darum ging es
Anne Will nahm sich am Abend in der ARD die Situation in der Ukraine und den Konflikt mit Wladimir Putin vor. Sie stellte vier Politikerinnen und Politikern sowie einer Expertin die nicht eben einfache Frage: Wie ist ein neuer Krieg zu verhindern?
Die Gäste
- Constanze Stelzenmüller, Denkfabrik “The Brookings Institution”, Washington D.C
- Norbert Röttgen, CDU-Außenpolitiker
- Lars Klingbeil, Co-Parteivorsitzender der SPD
- Sahra Wagenknecht, Die Linke
- Ursula von der Leyen, CDU, Präsidentin der Europäischen Kommission
Der Talkverlauf
Die Lage im Osten ist bedrohlich - dem stimmen eigentlich alle Gäste in Anne Wills Sendung am Abend zu. Dazu, wie es die Situation entstanden ist, und wie sich die Lage lösen lässt, haben die Politikerinnen und Expertin durchaus unterschiedliche Auffassungen.
Sahra Wagenknecht übernimmt den Job, Russlands Präsidenten zu beschreiben und zu erklären, warum er durchaus Grund habe, sich von der Nato bedroht zu fühlen. Wladimir Putin sei doch kein “durchgeknallter Nationalist” auf Kriegskurs, er wolle eben endlich Sicherheitsgarantien vom Westen bekommen. Da scheine Putin jetzt ein “Signal senden zu wollen: bis hier und nicht weiter, führt die Linken-Politikerin aus und räumt ein: “Das ist für uns alle höllisch gefährlich.”
Norbert Röttgen müht sich mit der Erklärung einer “kommunikativen Taktik” der Amerikaner, die darin bestehe, Szenarien vorher zu beschreiben, die dann aber doch nicht mehr so stattfinden könnenn. Anne Will hilft: ”Abschreckung?” und Röttgen stimmt zu. “Das Wichtigste, was die Europäer und die Usa, der Westen machen könnten sei zu versuchen, die Kalkulation von Putin zu beeinflussen, indem wir ihm klarmachen, es wird eine einheitliche Front geben.” Und es werde hohe wirtschaftliche finanziele Einbußen geben. Der CDU-Mann versucht, die Denkwege der Politik weiter zu erklären: “Man muss auch immer klar sagen, was wir nicht machen, wir werden auf einen Krieg den Russland in die Ukraine trägt nicht mit Kriegsführung in der Ukraine als als Mitglied der Nato reagieren”, sagt Röttgen und fasst noch mal zusammen: “Wir werden nicht Krieg in der Ukraine um die Ukraine führen.”
Ursula von der Leyen, die Anne Will vor der Sendung interviewt hat, erläutert noch einmal die Drohung des Westens, Russland habe im Fall eines Angriffs auf die Ukraine „massive Konsequenzen“ zu erwarten. Die EU-Kommissionspräsidentin sagt zu einem möglichen Maßnahmenpaket: „Die Finanzsanktionen bedeuten für den Kreml, dass wenn sie militärische Aggressionen gegen die Ukraine fahren, Russland im Prinzip abgeschnitten wird von den internationalen Finanzmärkten.“
Wirtschaftliche Sanktionen beträfen „alle die Güter, die Russland dringend braucht, um seine Wirtschaft zu modernisieren und zu diversifizieren, die aber von uns hergestellt werden, wo wir globale Dominanz haben und die Russland nicht ersetzen kann“, sagt von der Leyen, Russland habe eine klare Schwachstelle, das sei seine Wirtschaft.
Auch Lars Klingbeil ist in jedem Fall für so viel Diplomatie und Gespräche wie möglich, findet aber, man müsse “Putin auch ein bisschen im Unklaren lassen”. Klar bleibe, dass Europa und die USA eine “entschiedene, gut abgestimmte Position” vertreten. Im übrigen sei es keineswegs so, dass die Ukraine im Stich gelassen werde, denn “wir sind zu Sanktionen bereit, die auch uns als Deutschland weh tun werden.” Das belege die hohe Solidarität mit der Ukraine.
Wagenknecht wirbt mehrfach und wortreich um Verständnis für Russlands Eindruck, bedroht zu werden: Die Politik der letzten 20 Jahre sei eine Provokation für Russland gewesen, ebenso wie die Aufstellung von Raketenbasen und die Aufkündigung von Verträgen. Doch Sicherheitsexpertin Constanze Stelzenmüller lässt die Ausführungen der Linken nicht gelten: “Das Einzige, was Russland wirklich bedroht, ist die demokratische Transformation im Osten Europas und der Ukraine.”
Als die Linke schließlich klagt, die gesamte Diskussion sei scheinheilig, laufe auf “virtueller Realität” und die einzigen Nutznießer der Situation seien die Amerikaner, denn “die gewinnen geopolitisch und wirtschaftlich”, platzt Stelzenmüller der Kragen: “Das ist einfach Quatsch, Frau Wagenknecht. Ich will nicht unhöflich sein.” Aber das klinge ja “als würden die Amerikaner immer montags ansagen, was die Europäer zu denken haben”, macht sie sich Luft. Es sei falsch zu sagen, alle übrigen seien Marionetten der USA, im Gegenteil, die USA behandle Europa und die EU derzeit auf Augenhöhe. Dem pflichtet auch Röttgen bei: “Die USA haben an diesem Konflikt kein Interesse.”