TV-Talk „Anne Will“ Was hilft gegen Putin?

Düsseldorf · Härte oder Diplomatie? Bei Anne Will ging es darum, was im Umgang mit Wladimir Putin wirklich sinnvoll und was reine Symbolpolitik ist. Annegret Kramp-Karrenbauer nutzte die Diskussion als Teil ihrer Wahlkampftour für den CDU-Vorsitz.

 Dietmar Bartsch, Christoph von Marschall, Annegret Kramp-Karrenbauer, Katarina Barley und Herfried Münkler (v.l.) zu Gast bei Anne Will (3.v.r.).

Dietmar Bartsch, Christoph von Marschall, Annegret Kramp-Karrenbauer, Katarina Barley und Herfried Münkler (v.l.) zu Gast bei Anne Will (3.v.r.).

Foto: ARD/Screenshot

Darum ging’s

Der aktuelle Zwischenfall an der Straße von Kertsch lässt die Diskussionen um neue Sanktionen gegen Russland wieder aufleben. Anne Will wollte darüber diskutieren, was der aufkeimende Ukraine-Konflikt für Deutschland und Europa bedeutet und ob der Druck auf Wladimir Putin jetzt erhöht werden muss.

Darum ging’s wirklich

Grundsätzlich argumentierten die Gäste sachorientiert und bemühten sich um Lösungsansätze für den Ukraine-Konflikt. Hintergründig ging es aber auch um generelle Schuldfragen, die alten Trennlinien des Kalten Kriegs und die außenpolitischen Fähigkeiten der Kandidatin um den CDU-Parteivorsitz Annegret Kramp-Karrenbauer.

Gäste

  • Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU-Generalsekretärin und Kandidaten für den Parteivorsitz)
  • Katarina Barley (Bundesjustizministerin und designierte SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl)
  • Dietmar Bartsch (Linke-Fraktionsvorsitzender im Bundestag)
  • Herfried Münkler (Politikwissenschaftler)
  • Christoph von Marschall (Journalist, „Tagesspiegel“)

Frontverlauf

Die letzte Woche im Dreikampf um den CDU-Parteivorsitz hat begonnen. Wo immer die Kandidaten derzeit auftreten, stoßen sie daher auf besonderes Interesse. So auch Annegret Kramp-Karrenbauer, die mit dem Auftritt bei „Anne Will“ ihr außenpolitisches Profil schärfen will. Im Ukraine-Konflikt vertritt sie eine schärfere Position als Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Er reizt das aus, von dem er glaubt, dass er es ausreizen kann“, sagt sie zu Russlands Präsident Wladimir Putin.

So richtig deutlich möchte sich Kramp-Karrenbauer von der Kanzlerin dann aber doch nicht abgrenzen. Entsprechende Fragen von Moderatorin Anne Will moderiert sie in klassischer Merkel-Manier herunter. Einen konkreten Vorschlag unterbreitet sie schließlich doch. Sie könne sich eine Vereinbarung vorstellen, dass russische Schiffe aus der Region des Asowschen Meeres nicht mehr europäische und US-amerikanische Häfen anlaufen dürfen.

Den Fraktionsvorsitzenden der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, überzeugt das nicht. Die Russen seien ein historisch stolzes Volk. Wenn da jetzt jemand mit Sanktionen oder der Schließung von Häfen komme, sei das albern. „Hier ist Diplomatie gefragt“, sagt er. Bartschs größter Widersacher in der Runde ist jedoch nicht Kramp-Karrenbauer, sondern der Journalist Christoph von Marschall.

Marschall wählt von allen Gästen die deutlichste Sprache. „Wir haben es hier mit einem notorischen Rechtsbrecher zu tun. Das ist Wladimir Putin. Die Ukraine ist das Opfer“, sagt er. Er fordert stärkere Sanktionen gegen Russland und den Vorfall im Asowschen Meer als das zu bezeichnen, was er seiner Meinung nach ist. Das Wegdrängen der ukrainischen Schiffe in der Straße von Kertsch sei „ein kriegerischer Akt“. Marschall gefällt sich in der Rolle des USA-freundlichen Atlantikers der alten Schule. Sein Feind sitzt links und heißt Dietmar Bartsch.

Dabei ist der Rest der Runde eher auf Bartsch-Linie. Bundesjustizministerin Katarina Barley wirbt darum, die Diplomatie in den Vordergrund zu stellen. „Wir müssen Druck ausüben, aber wir müssen vor allen Dingen nach wie vor auch die Brückenbauer sein“, sagt sie. Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler sieht das ähnlich. „Die Sanktionen, die da gemacht worden sind, sind reine Symbolpolitik“, sagt er. Er fordert, kühl und strategisch an die Situation heran zu gehen.

Der erneute Konflikt mit der Ukraine macht auch die ohnehin umstrittene russische Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 noch unpopulärer. Allerdings sind alle Genehmigungen längst erteilt und die Bauarbeiten haben begonnen. Die Diskussion hat in dieser Phase vor allem symbolpolitischen Charakter. Marschall fordert dem Projekt zumindest „die politische Unterstützung zu entziehen“. Für einen Ausstieg sei es ein wenig spät, sagt auch Kramp-Karrenbauer. Ein wirklicher Mehrwert des Themas erschließt sich nicht. Somit hat Barley Recht, wenn sie von reiner Symbolpolitik spricht. „Da passiert mal rein gar nichts“, sagt sie.

Satz des Abends

„Bei Ihnen war das schon vor dem Auslaufen klar: Der Russe ist schuld. So einfach ist die Welt nicht.“ (Dietmar Bartsch zu Christoph von Marschall, der ihm zu sehr in Kalter-Krieg-Rhetorik abdriftete)

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