Berlin Anatomie einer zerrütteten Familie
Berlin · In "Was bleibt" entfremden sich Eltern und Kinder. Es kommt zum familiären Showdown.
Alle reden miteinander, aber niemand sagt etwas. Wenn die Gespräche an der Oberfläche bleiben, weiß kein Familienmitglied mehr, wie es den anderen wirklich geht. Schnell kreisen Gedanken, Heimfahrten werden für erwachsene Kinder zu einem Pflichtbesuch bei den Eltern. Wie viele Enttäuschungen und Verletzungen hinter den Fassaden verborgen sind, thematisiert Hans Christian Schmid in seinem Film "Was bleibt".
Der Plot nährt sich von den Widersprüchen innerhalb der Familie Heidtmann. Von außen betrachtet sitzen Eltern und Kinder recht harmonisch zusammen. Doch die Beziehungen zwischen ihnen sind gekappt. Der in Berlin lebende Mittdreißiger Marko (Lars Eidinger) konzentriert sich auf sein Dasein als freier Autor, derweil geht seine Beziehung zu Frau und Kind zu Bruch. Seinen Eltern, die er im bürgerlichen Eigenheim besucht, erzählt er von all dem nichts. Ausgerechnet jetzt setzt Mutter Gitte (Corinna Harfouch) ihre Anti-Depressiva ab. Von ihrer Familie kann sie für ihre Entscheidung keine Unterstützung erwarten. Ihrem Mann Günter (Ernst Stötzner) ist sie im Weg, er geht fremd und möchte sich im Ruhestand ungestört mit seiner Geliebten vergnügen. Und ihr Sohn Jakob (Sebastian Zimmler) lässt sich von Papi sein Haus luxuriös einrichten, obwohl er um die wirtschaftliche Existenz seiner Zahnarztpraxis kämpft. In dem Maße, in dem sich um Gitte der Nebel ihrer Medikamente lichtet, bröckelt die Fassade der familiären Harmonie.
Die Darsteller, insbesondere Lars Eidinger und Corinna Harfouch, machen sich diese selbstzentrierten Charaktere mit Natürlichkeit zu eigen. Harfouch spielt ihre Figur mit rauer Zerbrechlichkeit, labil und stark zugleich - überragend. Wenn sie als Gitte die Egomanen um sich herum nicht mehr erträgt, explodiert sie nicht, sondern zieht sich in sich zurück. Und doch sieht man ihr an, wie es in ihr brodelt, jede kleine Geste bebt.
Das Drama vermittelt zwar zunächst glaubhaft die Impulse, die alle Familienmitglieder antreiben, diesem verquasten Zusammenleben entfliehen zu wollen. Aber ihre Motivationen wirken zunehmend schablonenhaft, und die filmische Erzählweise verliert an Spannung.
"Was bleibt", Arte, Do., 20.15 Uhr