Demos angekündigt Aleviten protestieren gegen TV-Krimi "Tatort"

Berlin (RPO). Die islamische Gemeinschaft der Aleviten will heute in Berlin gegen die "Tatort"-Sendung "Wem Ehre gebührt" vom vergangenen Sonntag demonstrieren. Ein Polizeisprecher sagte am Mittwoch, 2000 Teilnehmer seien angemeldet worden.

"Tatort"-Kommissare: Alle Ermittler im Überblick
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Das sind alle „Tatort“-Teams in der ARD

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Foto: dpa/Thomas Kost

Die schiitische Gemeinschaft erklärte, in dem am Sonntag ausgestrahlten "Tatort" sei sie verleumdet und verunglimpft worden. Sie forderte von der ARD eine Entschuldigung und Wiedergutmachung.

Vor dem Hintergrund der Ehrenmord-Debatte hieß es weiter, in dem TV-Krimi sei das Thema Inzest in Bezug auf eine alevitische Familie behandelt worden. So werde das Inzest-Opfer schwanger, flüchte sich in den strengen Islam und finde Schutz in der Verschleierung. "Die ältere Schwester, die zur Aufklärung beitragen möchte, wird vom Vater ermordet. Diese Art der Darstellung betrachten wir als eine Diffamierung." Seit Jahrhunderten würden Aleviten aus diesem Grund verfolgt und getötet.

Eine weitere Protestkundgebung ist nach Angaben des Dachverbands Alevitischen Gemeinde Deutschlands am kommenden Samstag in Köln geplant. Der Polizei dort lag jedoch noch keine entsprechende Anmeldung vor. Die Gemeinschaft kündigte Proteste in weiteren Städten an.

Die Aleviten versuchen inzwischen erneut, auch juristisch gegen den "Tatort" vorzugehen. Die "Tageszeitung" berichtete, die Gemeinschaft wolle eine erneute Strafanzeige gegen den Norddeutschen Rundfunk (NDR) anstrengen. Bereits vor Weihnachten war bei der Polizei ein Anzeige wegen Volksverhetzung eingangen. Auch versuchte der Dachverband, die Ausstrahlung zu verhindern, aber der NDR hielt unter Berufung auf die Pressefreiheit an seinem Programm fest. Im Vorspann wurde aber darauf hingewiesen, dass der Inhalt fiktiv sei.

Ali Ertan Toprak, Generalsekretär der Alevitischen Gemeinde, sagte der "taz", der "Tatort" bediene historische Klischees. Bereits seit Jahrhunderten werde die Gemeinschaft von der sunnitischen Mehrheit mit dem Vorwurf des Inzests zum Zweck der Unterdrückung diffamiert. "Mit dem 'Tatort' werden die Vorurteile gegen uns unterstützt."

In dem Film von Drehbuchautorin und Regisseurin Angelina Maccarone ermittelt Maria Furtwängler als Hauptkommissarin Charlotte Lindholm in Hannover und Lüneburg. Angelina Maccarone, Drehbuchautorin und Regisseurin, verteidigte nach einem Bericht von Spiegel-Online den "Tatort": "Dieser Fall - denn es handelt sich um einen Krimi - könnte so in jeder Familie überall auf der Welt passieren, egal ob deutsch oder türkisch. Die Vorurteile, die alle Gruppierungen gegeneinander hegen, lassen letztendlich alle nur in die Irre laufen und tragen zur Aufklärung nicht bei."

NDR-Programmdirektor Fernsehen Volker Herres wurde mit den Worten zitiert: "Es geht in dieser Tatort-Folge nicht darum, religiöse Gefühle zu verletzen oder Vorurteile gegen die alevitische Glaubensgemeinschaft zu untermauern." Der Berliner Verein Anatolischer Aleviten e.V. erklärte: "Wir verstehen nicht, wie eine Künstlerin auf Kosten von einer Minderheit versucht, sich zu profilieren." Der Dachverband erklärte: "Die demonstrative Betonung des Alevitentums verdeutlicht, dass offenbar sunnitische Scharfmacher als Ratgeber für Frau Maccarone fungiert haben."

(ap)
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