Letzte Folge der zehnten Staffel Was ist nur aus Akte X geworden?

Düsseldorf · Die sechste Folge des Reboots ist vor allem eins: eine große Enttäuschung. Und das Ende grenzt sogar an Überheblichkeit.

Nach fünf Folgen der zehnten X-Files-Staffel waren die Gefühle gemischt. Ein schwacher Start, eine sehr gute Folge (Episode 3), eine starke Folge (Episode 5) und eine überambitionierte, aber emotionale Episode 4. Der sechste und letzte Besuch der X-Akten könnte alles verändern. Er könnte für Gänsehaut sorgen, für einen wohligen Schauer, für das Gefühl, etwas Grandioses gesehen zu haben. Leider versagt Episode 6 auf der ganzen Linie. Achtung: Es folgen einige kleinere Spoiler.

Die letzte Folge der zehnten Staffel greift die große Verschwörung auf, die in der ersten Episode entwickelt worden ist. Wer sie damals nicht verstanden hat: Das ist kein Problem. Denn natürlich ist dann doch wieder alles anders.

Es geht natürlich mal wieder um das Ende der Menschheit

Das wäre nicht schlimm, sondern sogar gut. Die Auflösung lässt sich sogar nachvollziehen, sie wirkt dann aber altbacken und klischeehaft: Es geht natürlich mal wieder um das Ende der Menschheit. Gesteuert von dunklen Mächten. Und diese Apokalypse ist nicht nur eine Hypothese, sondern sie setzt wenig überzeugend tatsächlich ein.

Vielleicht wäre es glaubhafter, wenn nicht Vieles in Mono- und Dialogen erzählt werden würde. Wir reden über eine Fernsehserie mit bewegten Bildern, nicht einem statischen Hörspiel. Und es wäre spannender, wenn Dana Scully nicht plötzlich als lebender Deus ex machina alle Probleme lösen würde und als Einzige bei allem überall den Durchblick behält. Dabei entwickelt sie nur gestützt auf Vermutungen und Behauptungen einem missionarischen, irrationalen, unwissenschaftlichen Eifer. Das würde noch zu Mulder passen, aber Scully erkennen wir so nicht wieder. Das Drehbuch wurde dermaßen gegen die Figur geschrieben, dass man sich nur am Kopf kratzt und fragt: Was ist mit Scully plötzlich los?

Die Story ist altbacken und überladen mit Klischees

Mulder dagegen spielt zunächst keine Rolle — bis er auf den großen Strippenzieher trifft. Und das ist der Kettenraucher (William B. Davis), der wie ein schlechter Bond-Bösewicht und Parodie seiner selbst wirkt. Als er nur spärlich in Erscheinung trat, umgab ihn die Aura des Mysteriösen. Nun aber hat er seinen großen Auftritt und wirkt reichlich lächerlich. Man nimmt ihm den Mann mit dem großen Plan einfach nicht ab. Da hilft auch nicht der Schockmoment, wenn er buchstäblich seine Maske abnimmt, die seine Brandwunden versteckt.

Um nicht ganz in Klischees abzudriften, wird seine Erklärung mit einer Öko-Botschaft verbunden. Der große Spoiler: Die Aliens haben schon in den 1950ern die Regierungen der Erde vor dem von Menschen erzeugten Klimawandel gewarnt. Aha.

Echt jetzt?

Die Lösung war dann nicht aber, noch rechtzeitig politisch umzusteuern. Man hatte einen anderen, völlig irrationalen Plan. Das ist mehr als nur unglaubwürdig, falls es da eine Steigerung gibt. Nebenbei greift Serienschöpfer so ziemlich alle kursierenden Verschwörungstheorien von Chemtrails mit giftigen Stoffen in der Luft bis zu gefährlichen Impfstoffen auf — und bestätigt sie alle. Sie alle gehören zu einem großen Plan der dunklen Mächte. Echt jetzt?

Die Ironie zündet nicht, wenn sie denn überhaupt beabsichtigt war. Fast könnte man glauben, Drehbuch-Autor Chris Carter ist nichts eingefallen. Dafür hat er dann paar Minuten im Internet gesurft, nebenbei gefallen am Film "Kingsman: The Secret Service" gefunden und sich dann gedacht, dass er daraus eine "Akte X"-Folge rühren kann. Das Ergebnis ist leider ideenlos, schlecht, überzogen, unlogisch und langweilig.

Nur ein Beispiel: Eindringlich wird gezeigt, dass Mulder nicht an sein Handy geht, weil er nicht über seinen Aufenthaltsort oder sein Ziel reden möchte. Und wie wird er dann gefunden? Auf seinem Notebook hat Mulder einen Link zu einem Handy-Ortungsdienst hinterlegt, der noch nicht einmal mit einem Password geschützt ist. Und über den lässt sich sein Smartphone dann eben einfach so orten. Das ist kein Witz, das passiert tatsächlich in der Folge.

Unlogisch, langweilig, überzogen und schlecht

Dennoch ist Carter davon überzeugt, dass es eine elfte Staffel gibt. Er ist sich sogar so arrogant sicher, dass er die sechste Folge mit einem großen Cliffhanger enden lässt: Eine Wendung bahnt sich an, und dann ist plötzlich Schluss. In den Hochzeiten der X-Files in den 1990ern hat das noch funktioniert. Im Jahr 2016 aber kann man nur noch den Kopf schütteln.

Es gibt mittlerweile nichts mehr, was uns noch an diese Serie bindet. Warum sollen wir auf die elfte Staffel warten oder sie sogar sehen wollen, wenn schon die zehnte nicht mehr mitgerissen hat? Es bleibt die Erinnerungen an die vergangene, großartige Zeit. Doch die lässt sich nicht zurückholen. Die X-Akten sollten im Keller bleiben, um den Mythos nicht endgültig zu zerstören. Aber die Quote in den USA waren laut Serienschöpfer Chris Carter "sehr gut". Und das bedeutet in der Regel eins: leider eine weitere Staffel.

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