Bayreuth Soko "Peggy" greift ungeklärte Kindsmorde auf

Bayreuth · Nach der brisanten Entdeckung von DNA-Spuren des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt am Fundort der Leiche der kleinen Peggy laufen in Thüringen Untersuchungen zu ungeklärten Kindsmorden an. Eine neue Sonderkommission soll heute ihre Arbeit zu ungeklärten Fällen von Kindstötungen seit 1990 aufnehmen. In Jena, wo das mutmaßliche NSU-Trio um Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe aufgewachsen war, gab es in den 90er Jahren drei Kindsmorde. Zwei von ihnen sind noch immer nicht geklärt.

Der Fall Peggy - eine Chronologie
Infos

Der Fall Peggy - eine Chronologie

Infos
Foto: dpa, ebe rf sup

Am Donnerstag hatten die Ermittler überraschend mitgeteilt, dass am Fundort der Skelettteile der 2001 verschollenen Peggy aus Oberfranken Genmaterial von Böhnhardt entdeckt worden war. Die damals neunjährige Peggy war 2001 im oberfränkischen Lichtenberg verschwunden. Erst im Juli waren Skelettteile von ihr in einem Wald im benachbarten Thüringen entdeckt worden. Die Rechtsmedizin der Universität Jena in Thüringen hatte eine zufällige Übertragung der DNA Böhnhardts auf die Spurenträger am Fundort der Leiche Peggys am eigenen Institut ausgeschlossen. Eine mögliche Verunreinigung werde aber weiterhin geprüft.

Nach Angaben eines Sprechers des thüringischen Innenministeriums gibt es in Thüringen seit 1990 etwa 70 unaufgeklärte Todesfälle, wie viele davon Kinder sind, war nicht bekannt. 1993 verschwand in Jena der neunjährige Bernd Beckmann. Er wurde zwölf Tage später von Kindern tot am Ufer der Saale in einem Gebüsch gefunden. Böhnhardt war damals einer der Verdächtigen. Ihm konnte jedoch nichts nachgewiesen werden. Auch der Mörder der zehnjährigen Ramona Kraus aus Jena-Winzerla wurde nie gefasst. Sie verschwand im Sommer 1996, ihre Leiche wurde im Januar 1997 in einem Waldstück entdeckt.

Der Münchner Prozess um die Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) dürfte nach Ansicht eines Opferanwalts durch den brisanten Fund nur wenig beeinflusst werden. "Ich glaube nicht, dass die neuen Entwicklungen insgesamt eine große Auswirkung auf das Verfahren haben", sagte Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler dem "Münchner Merkur". Seit fast dreieinhalb Jahren steht die mutmaßliche Mittäterin Zschäpe vor dem Münchner Oberlandesgericht. "Wir werden auf jeden Fall Frau Zschäpe fragen, welche Kenntnisse sie hatte", sagte Daimagüler.

Der aus Thüringen stammende Rechtsextremist Böhnhardt soll mit seinem mutmaßlichen Komplizen Mundlos jahrelang unerkannt gemordet haben - hauptsächlich aus fremdenfeindlichen Motiven. Mundlos und Böhnhardt töteten sich laut Ermittlern im Herbst 2011 nach einem Banküberfall, um einer Festnahme zu entgehen.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort