Busunglück mit 18 Toten Experten streiten über Brandursache

Münchberg/Berlin · Einen Tag nach dem Busunfall in Oberfranken mit 18 Opfern ist die Ursache für das Feuer noch völlig unklar - mehrere Theorien kursieren. Derweil plant die Politik drastischere Bußgelder für Gaffer und Blockierer von Rettungsgassen.

Nach dem verheerenden Busunglück im oberfränkischen Münchberg haben Experten mit den Ermittlungen begonnen. Montagfrüh war ein Reisebus aus Sachsen auf der Autobahn 9 an einem Stauende auf einen Sattelschlepper geprallt und hatte Feuer gefangen. 18 Menschen starben, 30 wurden verletzt. 23 Personen, darunter drei lebensgefährlich verletzte, werden derzeit noch in Kliniken behandelt.

Gestern Mittag teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit, dass Fahnder inzwischen die Räume des Busunternehmens im sächsischen Löbau durchsucht haben. Dabei sollen Unterlagen zum Unfall-Bus und zu den beiden Fahrern sichergestellt worden sein. Demnach stehe der beim Unfall verstorbene Busfahrer als möglicher Verursacher im Mittelpunkt der Ermittlungen.

Die Fahnder wollen durch ihre Untersuchungen aber nicht nur die Unfallursache, sondern auch den Grund der schnellen Brandausbreitung herausfinden. Laut Deutscher Presse-Agentur haben zwei Sachverständige für Verkehrsunfälle und Brände bislang aber keine Anzeichen dafür gefunden, dass der Reisebus bereits vor dem Aufprall auf den Sattelschlepper gebrannt haben könnte.

Diese Meinung hatte der Leiter der Unfallforschung der Versicherer, Siegfried Brockmann, am Montagabend im ARD-Brennpunkt vertreten. "Dafür spricht auch, dass hinter dem Bus eine ganze Menge brennender Teile lag, die dort sonst gar nicht hätten hinkommen können", sagte Brockmann. Es sei durchaus vorstellbar, dass die bereits lodernden Flammen durch den Fahrtwind verweht worden sein könnten und dadurch für den Busfahrer zunächst nicht sichtbar gewesen seien. Ein großes Problem seien zudem die in Bussen verbauten Materialien: "Sie sind deutlich leichter entflammbar als die, die die Deutsche Bahn verbauen muss", kritisierte Brockmann.

Andere Experten stützen allerdings die erste Einschätzung der Ermittler. Sie vertreten die Theorie, dass es aufgrund des Auffahrunfalls im Instrumentenbrett des Busses, wo die gesamte Elektronik verbaut ist, zu einem Kurzschluss gekommen sein könnte, der schließlich den Brand ausgelöst habe. Aber auch eine abgerissene Kraftstoffleitung wird als Auslöser des Feuers vermutet. Die ersten Verletzten, die sich noch eigenständig aus dem Bus gerettet haben, könnten die Brandausbreitung durch das Öffnen der Türen dann sogar beschleunigt haben - laut Johannes Hübner vom Internationalen Bustouristik Verband RDA entsteht dadurch ein sogenannter Kamineffekt, der das Feuer mit frischem Sauerstoff versorgt und damit noch verstärkt.

Am Rande des Unfalls kamen derweil Vorwürfe auf, dass uneinsichtige Autofahrer das Eintreffen der Einsatzkräfte am Unfallort verzögert hätten, weil keine ausreichende Rettungsgasse gebildet worden sei. Zudem hätten Gaffer auf der Gegenfahrbahn die Arbeiten der Rettungskräfte massiv behindert. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) sprachen in diesem Zusammenhang von einem "völlig unverantwortlichen und beschämenden Verhalten". Hermann forderte daher schärfere Kontrollen auf Autobahnen: Man müsse bei Staus die Fahrer kontrollieren und dann sofort ein Bußgeld verhängen.

Diese Forderung hält Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, für nicht umsetzbar. "Das ist realitätsfern. So viel Personal haben wir gar nicht, um in Staus derartige Kontrollen durchzuführen. Die Kollegen kommen schließlich erst einmal am hinteren Ende des Staus an. Da stellt sich die Frage, wen sie bestrafen sollen", sagte Malchow auf Anfrage unserer Redaktion. Außerdem sei es bei Unfällen zunächst gar nicht Aufgabe der Beamten, zu kontrollieren, ob eine vernünftige Rettungsgasse gebildet wurde. "Die Kollegen, die zu einer Unfallstelle ausrücken, haben einen gewissen Auftrag und fahren nicht dorthin, um Blockierer oder Gaffer zu kontrollieren."

Daher unterstützt Malchow den Vorschlag von Bundesverkehrsminister Dobrindt, die Bußgelder für Autofahrer, die Rettungsgassen blockieren, deutlich zu erhöhen. "Eine Verschärfung des Rechts in diesem Punkt wäre angebracht." Malchow schränkt aber ein, dass es durchaus zu Situationen kommen kann, in denen Autofahrer nur sehr schwer Rettungsgassen bilden können, weil der Platz fehlt - zum Beispiel in engen Baustellen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort