Berlin Experten fordern Fahrtests für Senioren

Berlin · Unfallforscher der Versicherer setzen nach einer Überprüfung auf die Einsicht älterer Autofahrer.

Senioren ab 75 sollen zu Fahrtests verpflichtet werden - das fordert die Unfallforschung der Versicherer (UDV) vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft in Berlin. "Ab diesem Alter ist das Unfallgeschehen sehr auffällig", sagt Leiter Siegfried Brockmann. Bindende Konsequenzen sollen die Testergebnisse allerdings nicht haben.

Nach dem Modell der UDV sollen Über-75-Jährige bei einer Fahrt von etwa einer Stunde ihre Fahrtauglichkeit testen. Anschließend soll der Fahrlehrer Tipps geben, wie etwa nicht mehr im Dunkeln zu fahren oder Innenstädte zu meiden. Denn das größte Problem für Senioren seien ihre nachlassenden kognitiven Fähigkeiten. "Und solche Defizite lassen sich nicht mit zusätzlichen Fahrstunden beheben", sagt Brockmann. Doch es gehe nicht darum, den Senioren den Führerschein zu entziehen, sondern ihnen die Augen zu öffnen: "Wenn Ältere wissen, dass sie eine Gefahr sind, würden viele ihr Verhalten ändern." Den Führerschein nach einer negativen Teststunde zu entziehen, findet er falsch: "Wenn der Führerschein von dieser einen Stunde abhängt, ist der Geprüfte sehr nervös."

Ausgehend von den Zahlen aber sind Senioren im Straßenverkehr besser als ihr Ruf. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren im Jahr 2015 etwas mehr als 73.000 Senioren ab 65 Jahren an Unfällen beteiligt, bei denen Menschen verletzt wurden. Das entspricht rund 13 Prozent der Gesamtzahl. Sie haben damit im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil von 21 Prozent eine unterproportionale Unfallbeteiligung, heißt es im Bericht. Senioren über 75 aber verursachen fast 90 Prozent ihrer Unfälle selbst und sind damit auffälliger als die Hochrisikogruppe der 18- bis 25-Jährigen (80 Prozent). Auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar steht das Thema darum mit auf der Tagesordnung.

Der ADAC sieht dennoch keine Notwendigkeit für eine verpflichtende Prüfung. "Wir appellieren an die Eigenverantwortung", sagt Sprecherin Simone Wans. Der Automobilclub bietet einen Fahr-Fitness-Check für Senioren an, der inhaltlich der geforderten Fahrteststunde des UDV ähnlich ist - nur eben freiwillig. Der Check kostet 69 Euro. Eine Liste der Fahrlehrer, die ihn durchführen, gibt es im Internet unter www.adac.de/senioren.

Die Deutsche Verkehrswacht plädiert dafür, dass Führerscheininhaber regelmäßig Sehtests und Erste-Hilfe-Kurse absolvieren sowie ein ärztliches Attest vorlegen sollten - unabhängig vom Alter. "Wir nehmen alle Autofahrer in die Pflicht", sagt Sprecherin Hannelore Herlan. Für Menschen ab 65 bietet die Verkehrswacht ein viereinhalbstündiges Fahrsicherheitstraining an (30 Euro), bislang allerdings nur in Niedersachsen. Doch dort sei es so gut angekommen, dass es nun auf andere Bundesländer ausgeweitet werden soll, sagt Herlan.

(emy)
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