Düsseldorf Europas beste Zauberer

Düsseldorf · Andreas und Chris Ehrlich haben es innerhalb von zehn Jahren zu Top-Magiern gebracht. Mit ihren Shows füllen sie große Arenen, treten sozusagen in die Fußstapfen von Siegfried und Roy. Ihre Karriere begann an Heiligabend.

Wenn die Ehrlich Brothers auf der Bühne etwas verbiegen wollen, lassen sie das Besteck in der Schublade - und greifen lieber gleich zur Eisenbahnschiene. Mit einem ihrer spektakulärsten Tricks verbeugt sich das Magier-Duo Andreas und Chris Ehrlich vor dem Löffelkünstler Uri Geller, veräppelt ihn aber auch ein wenig. Jedoch immer, wie bei den Brüdern üblich, augenzwinkernd und charmant. Sogar in Gellers Garten haben die Show-Zauberer eine Schiene mit viel Tamtam verformt, zur großen Begeisterung des Altmeisters. "Der Spaß daran, erwachsene Menschen zu verblüffen, war stets unser wichtigster Antriebsmotor", erzählt Andreas. "Und zwar von Anfang an."

Los ging's mit der Magie ausgerechnet an Heiligabend im westfälischen Herford, ganz klassisch mit einem Zauberkasten. Nur dass der kleine Andreas, damals acht Jahre alt, den schon eine Woche vor der Bescherung im elterlichen Kleiderschrank entdeckt und alle Tricks fleißig geübt hatte. Und damit bestens präpariert war für seinen ersten Auftritt direkt nach dem Auspacken. Über die verblüfften Gesichter seiner Eltern kann sich der heute 37-Jährige immer noch freuen. "Die dachten, ich sei ein Wunderknabe."

Ab diesem Abend ließ Andreas die Magie nicht mehr los. Nur: Während Harry Potter in Hogwarts alle Tricks lernen darf, existiert im echten Leben keine Zauberschule. "Natürlich habe ich mir Kunststücke gewünscht", erzählt Andreas, vieles davon wurde aber im Werkkeller mit dem Vater der Brüder selbst zusammengebastelt. Die wiederum schauten sich alles ab, was sie fürs Konstruieren wissen mussten. Vor zwei Jahren ist der Vater gestorben. "Aber er steckt immer noch in allen unseren Illusionen", sagt Chris (33).

Apropos Hogwarts: Wahrscheinlich wären die Ehrlich Brothers, die eigentlich Reinelt heißen, dort niemals aufgenommen worden. Pflegen sie doch kleidertechnisch einen gewissen Glitter-Rock'n'Roll-Style, tragen gerne Lederjacke zur zerrissenen Jeans und Punk-Frisuren. Wer sich die Zauberer als ältere Herren mit Frack und Zylinder vorstellt, ist in ihrer Show verkehrt: Die Brüder inszenieren ein pyrotechnisches Spektakel zu Musik von Rammstein und Madonna, fahren mit einem Motorrad aus einem überdimensionalen iPad, lassen Bäume im Zeitraffer wachsen und arbeiten an einer Illusion, bei der ein Monstertruck auf der Bühne aus dem Nichts erscheint. Ihre Vorbilder sind eher Siegfried und Roy. Groß muss ihre Show sein, nie gesehen und den Zeitgeist treffen. Und ein Wow-Gefühl auslösen. "Unser Anspruch ist es, die Menschen live zu verzaubern", sagt Chris. "Wir streben da nach der absoluten Perfektion."

Trotzdem wirken die Brüder im Gespräch total entspannt, witzeln herum, schaffen sofort eine vertraute Atmosphäre. So sind sie auch auf der Bühne. Die Ehrlich Brothers suchen den Kontakt zum Publikum, wollen einerseits eben das Erstaunen in die Gesichter zaubern, vor allem aber unterhalten. Auch das ist ihr Anspruch, und er ist mindestens so schwer zu erfüllen wie ein perfekter Trick. "Wir sehen die Magie als Beiwerk zum Entertainment", sagt Chris. "Die Menschen sollen leichter nach Hause gehen, als sie gekommen sind."

Immerhin: Zu den Shows der Ehrlich Brothers kommen bis zu 10.000 Besucher. Bei ihrer ersten Tour vor rund zehn Jahren spielten die beiden noch vor 30 Leuten. Heute füllen sie Arenen. Wie kommt man dahin? Ein schneller Erfolg sei in der Magier-Szene ausgeschlossen, sagt Chris. Auch die beiden mussten schwierige Zeiten überstehen. "Man braucht einen langen Atem", sagt Andreas. "Und eine große Liebe, eine Leidenschaft für seine Kunst." Ohne einen spektakulären Trick funktioniert es aber auch nicht. Bis zu drei Jahre arbeiten die Brüder an ihren Illusionen, erst dann sind sie bühnenreif. Was ist eigentlich der perfekte Trick? "Einer, der die Menschen bewegt", sagt Chris. "Einer, der mehrere Sinne anspricht und bis ins Herz geht", ergänzt Andreas.

Dass die Trefferquote der Geschwister hoch ist, zeigt die Tatsache, dass David Copperfield, der neben Siegfried und Roy zu den weltweit populärsten Magiern gehört, ihnen vor Jahren zwei Illusionen abkaufen wollte. Die bodenständigen Brüder blieben aber ihrer Linie treu - und erteilten Copperfield eine Absage. Dabei gelten die USA, speziell Las Vegas, doch als ein Sehnsuchtsort für Magier, als Sprungbrett in den Weltmarkt. Das sehen die Brüder anders. "In Vegas wären wir irgendwelche Zauberer, hier sind wir die Ehrlich Brothers", sagt Andreas. "Viele Magier fahren dorthin, um es zu schaffen. Wir haben aber schon Erfolg und sind zufrieden damit."

Tatsächlich werden die Tricks der Herforder bereits kopiert, etwa in China. Die beiden empfinden das eher als Auszeichnung, als dass es sie stört. Überhaupt sei es schwer, alles jederzeit geheim zu halten. "Obwohl unsere Verträge die Klausel enthalten: Wer etwas verrät, darf erschossen werden", sagt Chris. Und wenn, relativieren die Brüder, doch etwas nach außen dringen würde - was bisher nicht der Fall war -, wäre das nicht der Supergau. "Wir stehen ja nicht für eine übersinnliche Art der Magie", sagt Andreas. "Ich sehe dann schon die Schlagzeile: ,Die Ehrlich-Beichte: Wir können gar nicht zaubern'."

Das führt zu einer letzten Frage: Woher beziehen die Brüder eigentlich die extraweichen Bahnschienen? "Die bestellen wir bei Thyssen Krupp", sagt Chris, "und wir nehmen nur die für Weichen."

(RP)
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