Brüssel EU kämpft gegen Plastiktüten

Brüssel · Der Jahresverbrauch von Einwegtüten soll in Europa bis 2025 auf 40 pro Person reduziert werden. EU-Staaten dürfen dafür künftig Steuern erheben - auch Verbote wären möglich. Einige Unternehmen verzichten bereits auf Gratistüten.

Rund 200 Plastiktüten, davon 176 sogenannte Einwegtüten, werden von Europas Bürgern durchschnittlich pro Jahr verbraucht. Ein Wert, der bis 2025 drastisch reduziert werden soll. Demnach soll der Jahresverbrauch in den nächsten zehn Jahren auf 40 Tüten pro Person gesenkt werden. Das zumindest sieht eine neue EU-Vorgabe vor, die gestern verabschiedet wurde. Nachdem die Pläne schon seit Längerem von den zuständigen EU-Ministern diskutiert wurden, hat man sich nun endgültig auf verpflichtende Vorgaben geeinigt. Von den neuen Plänen nicht betroffen sind demnach robuste Mehrfachtüten oder extrem dünne Tüten, die beispielsweise für Obst und Gemüse gebraucht werden.

Wie die Vorgaben durchgesetzt werden, bleibt den Ländern dabei selbst überlassen. Um die Zahl der umweltschädlichen Beutel zu regulieren, dürfen EU-Staaten Einwegtüten künftig besteuern oder sogar verbieten. Zusätzlich werden die Länder dazu angehalten, konkrete Maßnahmen zu erarbeiten, mit dem Ziel, dass zukünftig weniger Einkäufe in Plastiktaschen nach Hause getragen werden.

Ein mögliches Verbot beträfe unter anderem die Drogeriemarkt-Kette Rossmann. Momentan stellt das Unternehmen noch kostenlose Kosmetikbeutel zur Verfügung, schließlich sei die "Erwartungshaltung der Kunden einfach da", wie Pressesprecher Stephan-Thomas Klose betont. Dennoch ist er überzeugt: "Die Gratistüten werden verschwinden." Obwohl "die Menschen in Deutschland sehr verantwortungsbewusst sind" werde man sich daran gewöhnen müssen.

Anders sieht die Praxis bei der Konkurrenz aus, wie Christoph Werner, Geschäftsführer für Marketing und Beschaffung bei dm, bestätigte. Dort hat man sich die Frage gestellt, wie man die Wünsche der Kunden "mit den Aspekten der ökologischen Nachhaltigkeit vereinbaren" kann. Daher habe man beschlossen, in einigen Märkten testweise keine Plastiktüten mehr anzubieten. "Dies wurde von unseren Kunden überwiegend positiv aufgenommen", sagte Werner. Ob auch weiterhin auf Plastiktüten verzichtet werde, sei jedoch "den einzelnen Märkten überlassen".

Die Bundesregierung prüft bei der Umsetzung der EU-Vorgabe laut eigenen Angaben eine mögliche Tüten-Abgabe. "Die Maßnahmen können sowohl regulatorischer als auch freiwilliger Art sein", sagte eine Sprecherin von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Wie die Vorgaben erfüllt werden sollen habe man aber noch nicht endgültig entschieden. Ein Vorschlag des Umweltbundesamtes sieht vor, Plastiktüten in Kaufhäusern oder Bekleidungsgeschäften nicht mehr kostenlos auszuhändigen. "Nach dem endgültigen Inkrafttreten der Richtlinie werden wir im Dialog mit Umwelt- und Verbraucherverbänden, den Ländern sowie mit der betroffenen Wirtschaft mögliche Maßnahmen zur weiteren Senkung des Verbrauchs an Kunststofftragetaschen erörtern", sagte die Sprecherin des Umweltministeriums.

In Deutschland werden Einwegtüten vergleichsweise wenig genutzt. Durchschnittlich 64 Beutel nutzen die Deutschen pro Jahr. Am sparsamsten sind die Menschen in Irland, die lediglich 18 Einwegtüten verbrauchen, wohingegen in Polen oder Portugal mehrere hundert Tüten pro Person benutzt werden.

Hintergrund der neuen EU-Vorgabe sind vor allem die großen Umweltbelastungen, die mit dem Wegwerfen der Plastiktüten einhergehen. An erster Stelle stehen dabei die Ozeane, deren zunehmende Verschmutzung ein immer größeres Problem darstellt. So gelangen Jahr für Jahr riesige Mengen Kunststoff in die Meere. Forscher schätzen, dass allein 2010 zwischen 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen Plastikmüll neu hinzugekommen sind.

(RP)
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