Elfjährige ertrinkt in Hotel-Pool

Weil eine Wasserpumpe mutmaßlich nicht richtig gesichert war, soll eine Viertklässlerin in einem Pool in der Türkei gestorben sein. Der TÜV warnt vor Anlagen mit großer Sogwirkung. Sie seien auch für Erwachsene gefährlich.

Alanya Melanie liebte es zu schwimmen und zu tauchen – vor allem im Urlaub. Das Wasser im Nichtschwimmerbecken des Hotels Doris Aytur bei Alanya in der Türkei, in dem die Viertklässlerin mit ihren Eltern und ihrem Bruder zwei Ferienwochen verbrachte, ist nur 1,10 Meter tief. Trotzdem ertrank die elfjährige Schweizerin beim Tauchen im Pool des Hotels.

Die Pumpe, die das Wasser zur Rutsche befördert, war unter Umständen nicht mit einem Gitter gesichert. Das Mädchen soll mit einem Bein in den Sog geraten sein. Nach Darstellung der Eltern konnte es sich aus eigener Kraft nicht befreien. Der Sog der Pumpe habe das Mädchen in die Tiefe gezogen, sein Bein soll blau verfärbt gewesen sein. Ihre Mutter bemerkte das Unglück erst, als die Anlage abgeschaltet wurde und der leblose Körper auf dem Wasser trieb, berichtete sie dem Schweizer "Blick".

"Fehlt das Sicherheitsgitter, sind Kinder bei so starken Pumpen hoffnungslos verloren", sagt Olaf Seiche vom TÜV Rheinland, der solche Anlagen überprüft. Pumpen, die Wasserattraktionen wie Rutschen, Wasserschwalle oder Wasserfälle antreiben, hätten eine extreme Sogwirkung und seien im Ausland häufig nicht reguliert. "Durch eine enge Öffnung wird viel Wasser gesogen", erklärt Marc Schydlo vom Pumpenhersteller MTS aus Ratingen. "Ohne Gitter sind sie gefährlich, weil ein Arm oder Bein hineingezogen werden kann." Bis zu fünf Meter pro Sekunde Strömungsgeschwindigkeit schaffen diese Anlagen laut TÜV. "Diese Pumpen können sogar für Erwachsene gefährlich werden", sagt Seiche – vor allem für Menschen mit langen Haaren oder weiten Badeshorts.

In Deutschland gibt es für Pumpen in Schwimmbädern strenge Auflagen. Erlaubt ist laut TÜV nur eine Leistung von 0,5 Meter pro Sekunde. Jedes neue Schwimmbecken mit Pumpanlage werde vom TÜV abgenommen. Für "regelmäßige Kontrollen" sei der Betreiber verantwortlich, der meist Sachverständige einschalte. Bei einem Schaden sei der Betreiber haftbar.

Anders sieht es vielfach im europäischen Ausland aus. Immer wieder verunglücken Kinder bei vermeintlich harmlosen Spielen in Urlaubs-Pools. Eine 13-Jährige kam vor vier Wochen im Hotel Berlin Golden Beach an der bulgarischen Küste ums Leben, als sie sich aus dem Sog einer Ansaugpumpe nicht mehr befreien konnte. Vor zwei Jahren wurde in Thailand ein 14-Jähriger aus England von einer Pumpe tödlich verletzt. Ein Achtjähriger aus NRW ertrank 2006 im Pool einer Ferienanlage in der Türkei.

In Bulgarien hätten nur wenige Pools überhaupt eine Betriebsgenehmigung, so Tourismusexperte Seiche. In der Türkei hingegen seien einige Pools bei einer Überprüfung durch den TÜV durchgefallen, weil sie zu viel Luft ansaugen. "Dort sind sie legal, aber leider häufig nicht geprüft", sagt er.

Die Tourismusbehörde von Antalya versicherte auf Anfrage unserer Zeitung indes, dass das Hotel Doris Aytur wenige Tage vor dem Unfall der Elfjährigen überprüft worden war. "Und dabei wurden am Pool keine Mängel festgestellt", sagt der Leiter der Tourismusbehörde, Ibrahim Acar.

Auch der Manager des Hotels weist die Vorwürfe zurück, dass Sicherheitsmängel zum Tod des Mädchens geführt haben könnten. "Der Poolbereich ist sicher, und unsere Pumpe hat gar nicht die Kraft, einen Menschen so stark festzusaugen." Das Hotel habe auch nicht versucht, wie in einigen Medien behauptet, das Fehlen des Gitters zu vertuschen: "Im Gegenteil: Wir haben aus Betroffenheit von Anfang an die Familie unterstützt und sind erschüttert, dass inzwischen ein Ermittlungsverfahren gegen uns in die Wege geleitet wurde." Die türkische Kripo bestätigte die Ermittlungen gegen das Hotel.

Ein anderes Bild auf die Bedingungen vor Ort werfen die Bewertungen von früheren Hotelbesuchern im Internet. Auf "HolidayCheck" schreibt ein Paar: "Für Kinder (aber auch für Erwachsene) gefährlich, da die Ablaufgitter fürs Wasser überall kaputt sind."

Die Unfälle haben eine Diskussion um Sicherheitsstandards ausgelöst. Die ersten Reiseveranstalter lassen von externen Prüfstellen Pools der Hotels im Ausland testen. Tui und TÜV Rheinland arbeiten seit Beginn des Jahres in diesem Bereich zusammen. Seiche: "Auch im Ausland müssen die Auflagen verschärft und die Kontrollen verbessert werden."

(RP)
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