Er liebt Nottingham Forest und ist der "Fan des Jahrhunderts" Eberhard ist reif für die Insel

Duisburg (RP). Er wohnt in Duisburg-Neumühl, ist Fußballfan mit Dauerkarte, hat aber seit fünf Jahren kein deutsches Stadion mehr betreten. Wenn sich andere am Wochenende in den Bus setzen, um mit Trikot, Schal und Fahne zum Spiel ihrer Mannschaft zu fahren, steigt Eberhard Kleinrensing (40) in den Flieger nach Birmingham. Der Traditionsverein Nottingham Forest ist die Leidenschaft seines Lebens.

Woche für Woche ist der Duisburger live dabei, wenn die Kicker des Zweitligisten Nottingham um Punkte kämpfen. Dann verwandelt sich Eberhard Kleinrensing in "Nottingham-Ebby". Im "City Ground"-Stadion kennt ihn jedes Kind. Jetzt wurde ihm die größte Ehre zuteil, die er sich vorstellen kann: Die Anhänger des englischen Vereins wählten den Deutschen mit überwältigender Mehrheit zum "Fan des Jahrhunderts". Sein Handabdruck wurde in Bronze gegossen und in der "Hall of Fame", der Ruhmeshalle des englischen Fußballs in London, verewigt.

Er war gerade mit seinen Eltern beim Einkaufsbummel, als das Handy klingelte und ein Vereinsvertreter gratulierte: "Du hast gewonnen. Du kommst in die ,Hall of Fame'!" Ebby kann es bis heute kaum glauben: "Ich fürchte immer noch, dass ich aufwache und merke, das alles ist gar nicht wahr." Doch inzwischen hat er sich beim Besuch in London davon überzeugt: In der Ruhmeshalle hängt seine Hand mit der Unterschrift, daneben eine Plakette mit seinem Namen. Für Ebby ein Stück Unsterblichkeit: "Seit ich das gesehen habe, hab ich keine Angst mehr vor dem Tod."

Die Fans sind wie eine Familie

Als Kleinrensing 1978 sein erstes Spiel in Nottingham erlebte, war er gerade 18 Jahre alt und noch in der Ausbildung zum Kaufmann. Er hörte die Gesänge der Forest-Fans und war sofort überwältigt von der Stadionatmosphäre: "Das Gefühl kann ich nicht beschreiben. Da wollte ich dazugehören." Heute ist er aus Nottingham nicht mehr wegzudenken. Wenn er auf der Straße erkannt wird, wollen die Menschen seine Hand schütteln, die nun als Bronzeguss in London hängt. Als Dank an die Fans ließ Ebby 3000 Autogrammkarten drucken, die bei den Spielen im "City Ground" sehr gefragt sind. "Manche wollen sogar dafür bezahlen", wundert sich der Duisburger, aber das kommt für ihn nicht in Frage: "Ich will denen, die mich gewählt haben, etwas von dem wiedergeben, was sie für mich getan haben."

An seinem 40. Geburtstag im vergangenen Dezember sang ein tausendstimmiger Fan-Chor: "Happy Birthday, Ebby!" Doch das schönste Geschenk machte ihm die Forest-Mannschaft: ein 1:0-Sieg über das Team aus Crewe.

Vor dreieinhalb Jahren hat seine Frau ihn verlassen, weil sie sein verrücktes Hobby nicht mehr akzeptieren wollte. Seitdem hat Ebby kein Spiel mehr ausgelassen: "Ich habe es nie bereut und würde es genau so wieder machen."

In der laufenden Saison wird er einen neuen Rekord aufstellen: Bis Mai wird er 61 Spiele seines Teams in einem Spieljahr gesehen haben. Doch Rekorde sind Ebby nicht wichtig. Viel wichtiger ist der sportliche Erfolg, denn Nottingham droht in diesem Jahr das bittere Schicksal, nach dem Abstieg in die zweite Liga gleich in die dritte Liga durchgereicht zu werden: "Wir haben nur noch fünf Heimspiele. Die müssen wir gewinnen."

Auch ein erneuter Abstieg würde an Ebbys Lebensrhythmus nichts ändern: "Ich würde den Verein nie aufgeben. Wenn die Saison vorbei ist, hab' ich zwar kein Geld mehr, aber dann wird gespart - für die nächste Spielzeit."

Umzug nach England geplant

Früher oder später plant Kleinrensing ohnehin den Umzug nach Nottingham. Vielleicht schon bald, denn seit Februar ist der Duisburger arbeitslos: "Entweder finde ich hier einen neuen Job oder ich ziehe noch in diesem Jahr nach England." Bis dahin helfen seine Eltern, das teure Hobby zu finanzieren.

Ohne Frage ist Ebby reif für die Insel. Der gemütliche 40-Jährige ist zuversichtlich, dort auch schnell eine neue Frau zu finden. Schließlich hat kein anderer Klub im englischen Fußball so viele weibliche Fans.

Von GUIDO DIESING

(RPO Archiv)
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