Lille Nach Sexpartys: Freispruch für Strauss-Kahn

Lille · Der frühere IWF-Chef sei lediglich Kunde, nicht aber Organisator gewesen, urteilte das Gericht.

Fast zwei Stunden musste Dominique Strauss-Kahn im Saal des Strafgerichts von Lille ausharren, bevor das Urteil im Zuhälterei-Prozess fiel. Richter Bernard Lemaire verkündete für die 14 Angeklagten einen Freispruch nach dem anderen. Zum Schluss wurde auch der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds vom Vorwurf der "schweren gemeinschaftlichen Zuhälterei" freigesprochen. "Strauss-Kahn hat wie andere von sexuellen Aktivitäten profitiert", hieß es in der Urteilsbegründung. Im Klartext: der 66-Jährige war nicht der Organisator der Sex-Partys, an denen er in Paris, Brüssel und Washington teilnahm.

"Der Prozess basierte nicht auf juristischen, sondern auf moralischen Kriterien", kritisierte Strauss-Kahns Anwalt Henri Leclerc nach dem Urteil. "Seine Akte war leer." Auch den Mitangeklagten des einst mächtigsten Mannes der Finanzwelt konnten die Richter nichts nachweisen. Sogar der belgische Bordellbesitzer Dodo Alderweireld, bekannt als "Dodo", kassierte einen Freispruch. Das Gericht stufte ihn wie die anderen Angeklagten als "Kunden" bei den Sex-Partys ein. Lediglich René Kojfer, der PR-Beauftragte des Luxushotels Carlton, um das sich die ganze Affäre rankte, wurde wegen Zuhälterei zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt.

Die sogenannte Carlton-Affäre war wenige Monate nach dem Karriere-Aus Strauss-Kahns ans Licht gekommen. Der einstige Hoffnungsträger der Sozialisten musste am 18. Mai 2011 zurücktreten, nachdem er ein Zimmermädchen im New Yorker Luxushotel Sofitel zum Oralsex gezwungen haben soll. Auch wenn Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Hotelangestellten zu einer Einstellung des Strafverfahrens führten, kamen mit der Sofitel-Affäre auch andere sexuelle Übergriffe heraus. So beschuldigte die französische Publizistin Tristane Banon den Ex-Minister der Vergewaltigung. Strauss-Kahn habe sich auf sie gestürzt "wie ein brünftiger Schimpanse", sagte sie französischen Medien. Die mutmaßliche Attacke war allerdings schon verjährt, so dass es nicht zum Prozess kam. Strauss-Kahns politische Karriere, die vor seiner Festnahme auf eine Präsidentschaftskandidatur zusteuerte, nahm mit der Festnahme in New York ein abruptes Ende.

(RP)
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