Holzklotzwurf-Prozess beginnt Zwei Meter hohe Sicherheitswand um den Angeklagten

Oldenburg/Telgte (RPO). Der Fall des tödlichen Holzklotzwurfes kommt vor Gericht. Ab Dienstag muss sich der Angeklagte Nikolai H. verantworten. Die Sicherheitsvorkehrungen sind so ungewöhnlich wie der Fall. Der mutmaßliche Täter wird durch eine zwei Meter hohe und mehrere Meter lange Sicherheitswand vom Publikum getrennt.

Holzklotz tötet Frau - Polizei ermittelt
11 Bilder

Holzklotz tötet Frau - Polizei ermittelt

11 Bilder

Solch massive Sicherheitsvorkehrungen habe es schon seit etwa zehn Jahren nicht mehr gegeben, sagt Gerichtssprecher Mario von Häfen.

Gründe dafür seien das große öffentliche Interesse an dem Fall und die Befürchtung, dass wegen der Tragik jemand "auf dumme Gedanken kommen könnte". Am Ostersonntag dieses Jahres starb eine 33-jährige zweifache Mutter aus dem münsterländischen Telgte auf dem Beifahrersitz eines Autos, als ein von einer Autobahnbrücke bei Oldenburg geworfener Holzklotz die Windschutzscheibe des Wagens durchschlug.

Zudem hätten H.s Anwälte angegeben, bedroht worden zu sein, sagt von Häfen weiter. Zu Medienberichten, wonach die Drohungen von einer Gruppe ausgesprochen worden seien, der angeblich mehrere Kasachen und Tschetschenen angehören, wollte er sich nicht äußern. Das Opfer stammte aus Kasachstan. Beleg für die Brisanz des Falls ist auch die erhöhte Zahl der Wachtmeister im Gerichtssaal. Zudem werde es Einlasskontrollen geben und ebenso Spürhunde im Einsatz sein.

Die Anklage gegen Nikolai H. lautet auf Mord. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hat er den knapp sechs Kilogramm schweren Holzklotz von einer Brücke über die A 29 in die Tiefe geworfen. Bei einer Verurteilung droht dem Angeklagten eine lebenslange Haftstrafe.

Der tragische Fall hatte von Beginn an ein großes Medienecho hervorgerufen. Er war zudem begleitet von anfänglichen Kompetenzstreitigkeiten zwischen den ermittelnden Behörden und einem Gerangel um das Verteidigermandat für den 30-Jährigen. Bereits wenige Tage nach der Tat waren bei der eigens eingerichteten Sonderkommission "Brücke" mehr als hundert Hinweise eingegangen, der Fall wurde bei "Aktenzeichen XY... ungelöst" behandelt, Polizeisprecher Sascha Weiß war Gast in einer TV-Talkshow. Gesucht wurde zunächst nach einer Gruppe Jugendlicher, nach der per Phantombild gefahndet wurde.

Nach wochenlanger Fahndung wurde Ende Mai die Festnahme eines 30 Jahres alten, drogenabhängigen Mannes aus Rastede verkündet. Nikolai H. hatte sich zwei Wochen nach der Tat als Zeuge bei der Polizei gemeldet, nachdem die Ermittler kurz zuvor öffentlich einen Massengentest erwogen hatten. Den Beamten erzählte H., bei einer Fahrt mit dem Fahrrad zu seinem Dealer einen Holzklotz vom Radweg auf der Brücke weggeräumt zu haben. Es wurde gemutmaßt, dass H. für den Fall, dass die Ermittler DNA-Spuren an dem Holzklotz finden sollten, damit vorab eine vermeintliche Erklärung liefern wollte.

Bei den Vernehmungen soll sich H. dann immer tiefer in Widersprüche verwickelt haben, bis er schließlich ein Geständnis ablegte. Ausschlaggebend soll dabei gewesen sein, dass sich der an dem Holzklotz haftende Sand als identisch mit dem von seinem Grundstück erwies, wo der Holzklotz offenbar vorher gelegen hatte. Als Tatmotiv hatte der 30-Jährige "allgemeinen Frust" angegeben.

Bei einem Haftprüfungstermin Anfang Juni ließ Nikolai H. überraschend sein Geständnis widerrufen. Der heroinabhängige Mann soll unter Entzugserscheinungen verhört worden sein, monierten seine Anwälte. Gegenstandslos könne das Geständnis dadurch aber nicht gemacht werden, sagte damals ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Dafür, dass Nikolai H. unter starken Entzugserscheinungen gelitten habe, gebe es keine Anzeichen. Auch für Fehler bei der Beweissicherung, die die Anwälte ebenfalls unterstellt hätten, gebe es keine Hinweise.

Ob Nikolai H. schuldig ist, muss nun das Gericht entscheiden. Vorerst sind für den "Holzklotzwerfer-Prozess" bis zum 30. Januar 16 Termine angesetzt.

(afp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort