Missbrauchsvorwurf bei Domspatzen Zwei Geistliche in Skandal verwickelt

Regensburg (RPO). In den Missbrauchsskandal bei den Regensburger Domspatzen sind offenbar zwei ehemalige leitende Geistliche verwickelt. Die beiden Männer, die bereits 1984 gestorben sind, sollen für ihre Taten seinerzeit zu Haftstrafen verurteilt worden sein, sagte der Sprecher des Regensburger Bistums, Clemens Neck, am Freitag. Unterdessen gibt es in Fulda neue Verdachtsfälle.

Im Fokus steht der weltbekannte Knabenchor der Regensburger Domspatzen. Unter den fünf Fällen, die bereits an die Beauftragte für sexuellen Missbrauch des Bistums, Birgit Böhm, herangetragen wurden, stehen zwei in Verbindung mit dieser Einrichtung. Ein Geschädigter berichtet über Missbrauchsfälle Anfang der 60er-Jahre. Ein weiteres Opfer hat über eine Mittelsperson eine Aussage angekündigt.

Unter anderem wurde ein Geistlicher, der Präfekt am Musikgymnasium Regensburg war, 1958 aus dem Dienst entfernt, weil er mit zwei seiner Schüler bei "unsittlichen Handlungen" ertappt wurde. Der Mann soll zu zwei Jahren Haft verurteilt worden sein. "Bisher wissen wir nicht, wen Friedrich Z. missbraucht hat, auch nicht, welcher Art die Tat war und ob es nach der Verurteilung noch weitere Opfer gegeben hat", sagte Neck.

Dies gelte auch für einen ehemaligen Schüler der Grundschule Etterzhausen, der angegeben habe, Anfang der 60er-Jahre durch "übermäßige Prügel und Demütigungen misshandelt und durch Berührungen in Genitalbereich missbraucht" worden zu sein. Beschuldigt werde ein junger Erzieher, der bisher noch nicht identifiziert worden sei. Aus der genannten Grundschule werden auch Sänger der Domspatzen rekrutiert.

Sprecher schließt aktuelle Fälle aus

Die Missbrauchsfälle sollen sich zwischen den Jahren 1958 bis 1973 ereignet haben. "Da die Fälle bis zu einem halben Jahrhundert zurückliegen, bedeuten diese Anfragen für das Bistum: Gespräch, Zuhören, Recherche, Aktenstudium und Befragungen", sagte Neck. Aktuelle Missbrauchsfälle schloss er aus: "Es ist aktuell kein Fall da, der in irgendeiner Weise die Domspatzen in ihrer heutigen Existenz berührt."

Böhm hofft nach Bekanntgabe der Recherchetätigkeiten nun auf weitere Meldungen Betroffener. "Haben Sie Vertrauen, sich an mich zu wenden", sagte sie. Nur durch weitere Aufklärung könne man den Opfern helfen, die Täter straf- und kirchenrechtlich verfolgen und zukünftige Übergriffe verhindern.

Das Bistum will nun einen Rechtsanwalt hinzuziehen, um die "Vorfälle der Vergangenheit zu durchleuchten". Hinweise auf aktuelle Vorkommnisse gibt es laut Neck nicht. "Es gibt aktuell keinen Fall, der in irgendeiner Weise die Domspatzen in ihrer jetzigen Existenz berührt", betonte er.

Dass das Bistum so spät mit diesen Fällen an die Öffentlichkeit geht, erklärte der Sprecher damit, dass sich nun erst im Zuge der jüngsten Berichterstattung Menschen gemeldet hätten, die von "Vorkommnissen, Übergriffen aber auch Missbrauch" berichteten.

Drei Verdachtsfälle in Fulda

Nun berichtete auch das Bistum Fulda über drei neue Verdachtsfälle des sexuellen Missbrauchs. Nach Angaben der Diözese vom Freitag berichtete am Donnerstag ein mutmaßliches Opfer, im Jahre 1976 im damaligen Schülerheim der Stiftsschule Amöneburg von einem pädagogischen Laienmitarbeiter sexuell missbraucht worden zu sein. Das Opfer habe mitgeteilt, dass auch weitere Schüler betroffen seien. Es habe das Bistum gebeten, "mit den bisher unbekannten Schülern Kontakt aufzunehmen und sie zu motivieren, das Gespräch mit dem Bistum zu suchen, um die Vorfälle aufzuarbeiten".

In einem weiteren Fall wurde laut Bistum ein Priester in einem anonymen Brief beschuldigt "wegen Taten, die schon einige Jahre zurückliegen". Dieser Verdachtsfall sei an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden. Zum dritten Fall erläuterte das Bistum, ein ehemaliger ehrenamtlicher Mitarbeiter eines Jugendverbandes habe vor seiner Tätigkeit in dem Verband auf einer Internetseite sexuelle Kontakte zu Minderjährigen gesucht. Dieser Verdachtsfall sei ebenfalls an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden.

Pater räumt Herunterladen von Kinderpornos ein

Im Zusammenhang mit den Ermittlungen um sexuellen Missbrauch am Benediktiner-Internat Kloster Ettal räumte derweil ein Pater das Herunterladen von kinderpornografischen Filmen aus dem Internet ein. Wie der vom Erzbischöflichen Ordinariat München und Freising mit der internen Aufklärung der Vorwürfe beauftragte Rechtsanwalt Thomas Pfister am Freitag sagte, fanden die Durchsuchungen der Münchner Staatsanwaltschaft im Kloster am Mittwoch wegen der Ermittlungen um Kinderpornos statt.

Nach Angaben des Benediktinerpaters Johannes Bauer wurde der beschuldigte Geistliche "mit sofortiger Wirkung von allen pädagogischen und seelsorgerischen Aufgaben entbunden". Er wolle sich von einem "namhaften Spezialisten" untersuchen lassen und anschließend in Therapie gehen.

Gegen Ordensbrüder aus Ettal gibt es bislang Vorwürfe von etwa 20 Personen, die angegeben hatten, als Schüler geschlagen oder missbraucht worden zu sein. Einem mittlerweile gestorbenen Pater, der trotz der Beschuldigungen noch bis 2004 an der Klosterschule unterrichtet hatte, werden Übergriffe in den 70er- und 80er-Jahren vorgeworfen. Bei zwei anderen Mönchen sollen sich die Übergriffe bis 1990 ereignet haben.

Geständnis und Eklat auf der Pressekonferenz

Der Cellerar des Klosters - eine Art Verwaltungsleiter - Pater Johannes Bauer, räumte auf der Pressekonferenz ein, selbst in den 1980er Jahren zugeschlagen zu haben. Er habe Kinder mit der Hand, aber auch mit einem Bügel verprügelt.

Zudem wurden möglicherweise nicht nur Schüler zu Opfern. Pfister sagte, er sei seit kurzem mit einem ehemaligen Klostermitglied in Verbindung, der den Vorwurf erhebe, als Mönch in Ettal von Mitbrüdern missbraucht worden zu sein.

Da die allermeisten Fälle lange zurückliegen - Pfister sprach von einer Zäsur im Jahr 1990 - ist vieles verjährt. Derzeit ermittle die Staatsanwaltschaft in drei Fällen, sagte er: Den möglichen sexuellen Missbrauch aus dem Jahr 2005, die Kinderpornografie und einen Fall aus dem Jahr 2009, in dem ein Lehrer zwei jungen Schülern Kopfnüsse gegeben haben und einem von ihnen auf den Zeh getreten sein soll.

Im Zusammenhang mit dem letzten Fall kam es in der Pressekonferenz zum Eklat: Der kommissarische Schulleiter meldete sich zu Wort und sagte, die Kopfnüsse seien nur leicht und mehr zum Spaß gewesen. Pfister widersprach ihm entschieden und warf ihm Vertuschung vor

(DDP/apd/KNA/das)
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