Nach Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen Ermittlungen gegen drei Bahnmitarbeiter wegen fahrlässiger Tötung

Garmisch-Partenkirchen · Die Staatsanwaltschaft München II hat nach dem Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen ein Ermittlungsverfahren gegen drei Personen wegen des Verdachtes der fahrlässigen Tötung eingeleitet. Unterdessen wird mehr über die Opfer bekannt.

Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen - So laufen die Aufräumarbeiten
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Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen - So laufen die Aufräumarbeiten

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Foto: dpa/Angelika Warmuth

Bei den Beschuldigten handele es sich um Mitarbeiter der Deutschen Bahn, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II, Andrea Grape, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.

„Es handelt sich bisher um einen Anfangsverdacht“, betonte Grape. Bis zum Abschluss der Ermittlungen bleibe offen, ob die Bahnmitarbeiter tatsächlich Mitschuld trügen. „Es gilt auch hier wie stets in solchen Fällen die Unschuldsvermutung bis zum endgültigen Abschluss der Verfahrens.“

Tote und Verletzte bei Zugunglück in Garmisch-Patenkirchen, Oberbayern
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Tote und Verletzte bei Zugunglück in Oberbayern

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Foto: dpa/Josef Hornsteiner

Der Regionalzug von Garmisch-Partenkirchen nach München war am Freitagmittag kurz nach der Abfahrt entgleist. Dabei starben vier Frauen und ein 14-Jähriger aus der Region, rund 40 Menschen wurden verletzt.

Unterdessen sind weitere Details zu Herkunft und Alter der Todesopfer bekannt geworden. Unter den getöteten Frauen sind zwei 30 und 39 Jahre alte Mütter aus der Ukraine. Sie waren dem Vernehmen nach mit ihren Kindern nach Bayern geflüchtet. Zudem starben eine 51-Jährige aus Wiesbaden und eine 70-jährige Frau aus dem Landkreis München.

Eine der Frauen war am Freitag auf dem Weg ins Krankenhaus ihren Verletzungen erlegen, die drei anderen wurden unter den Trümmern geborgen. Eine 34-jährige Frau befindet sich laut Polizei nach wie vor in einem kritischen Zustand.

An der Unfallstelle gingen am Dienstag die Aufräumarbeiten weiter. Die Bundesstraße neben dem Unglücksort ist weiter gesperrt. Warum der Zug entgleiste, ist unklar. „Die Ursache dieses Unglücks ist Gegenstand der Ermittlungen“, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Grape.

Offensichtlich rücken jedoch Schienen und Fahrgestelle ins Zentrum der Untersuchungen. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte dem Bayerischen Rundfunk, die Unfallursache werde „mit dem Schwerpunkt in Richtung technische Defekte gesucht“. Fahrgestelle von Waggons seien sichergestellt worden, „und es wird im Moment auch überlegt, inwieweit einzelne Schienen oder Schwellen sichergestellt werden müssen. Auf jeden Fall werden die im Moment peinlichst genau untersucht und vermessen“, sagte er am Montag.

Nach einem Bericht der Zeitung „Die Welt“ plante die Deutsche Bahn auf der Unglücksstrecke in Kürze Sanierungsarbeiten an den Gleisen. Demnach sollten vom 25. Juni bis 9. Juli zwischen Oberau und Garmisch-Partenkirchen eine nächtliche Gleislageberichtigung und Schienenerneuerungen stattfinden.

Die Deutsche Bahn teilte dazu mit, sich wegen der laufenden Ermittlungen derzeit nicht äußern zu können. „Selbstverständlich setzen wir alles daran, die ermittelnden Behörden bei der Aufklärung der Unfallursache zu unterstützen“, sagte ein Bahnsprecher am Dienstag.

Die Ermittlungen zur Unfallursache führt eine Soko „Zug“ bei der Kriminalpolizei in Weilheim. Am ersten Tag habe die Soko bis zu 70 Menschen umfasst, sagte der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, Stefan Sonntag. Auch am Dienstag waren mehr als 40 Ermittler mit der Aufklärung befasst. Ein Experte der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung und ein externer Gutachter seien ebenfalls beteiligt.

Derzeit würden Zeugen befragt, darunter Bahnmitarbeiter und Fahrgäste. Mit vielen sei bereits gesprochen worden. „Es wird versucht, mit allen zu sprechen, die im Zug saßen. Natürlich ist jeder, der im Zug saß, ein potenzieller Zeuge“, sagte Sonntag.

Die Ergebnisse der Befragungen müssten später geordnet und bewertet sowie dann mit den Resultaten der technischen Untersuchungen zusammengeführt werden. „Es ist ein langwieriger und aufwendiger Prozess - der hoffentlich irgendwann ein Gesamtbild ergibt, das diesen Unfall rekonstruieren lässt.“

Nach ersten Schätzungen könnten die Ermittlungen Wochen oder Monate in Anspruch nehmen.

Der letzte umgestürzte Waggon wurde am Montag von Kränen geborgen und für den Abtransport zerlegt. Die Teile wurden vorübergehend in der Nähe abgelegt. Am Dienstag waren Helfer dabei, die Höhenkontrolle vor der Tunneleinfahrt Farchant wieder zu montieren. Zudem wurden Bäume geschnitten. Die Lok und ein Waggon standen weiter auf dem Bahndamm. „Die Lok sowie ein Wagen bleiben aufgrund weiterhin laufender Ermittlungsarbeiten noch bis auf weiteres vor Ort“, teilte ein Bahnsprecher mit.

Wann die Bahnstrecke wieder freigegeben wird, ist offen. Ersatzbusse seien im Einsatz, aber von nicht zwingend erforderlichen Zugfahrten im Bereich Garmisch-Partenkirchen - Murnau werde abgeraten, teilte die DB mit.

Die Autobahn 95 in Richtung Garmisch-Partenkirchen ist laut Polizei inzwischen wieder freigegeben. Die Tunnel Farchant und Oberau sowie die Bundesstraße 2 in Höhe der Unfallstelle sind aber noch gesperrt.

(mba/hebu/dpa)
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