Zugunglück in Mannheim Staatsanwalt geht von menschlichem Versagen aus

Mannheim · Es gab mehrere Halt-Signale und eine Zwangsbremsung - dennoch fuhr der Lokführer mit dem Güterzug weiter. Nach dem schweren Bahnunfall von Mannheim ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Mann.

Zugunglück in Mannheim: EC kollidiert mit Güterzug
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Das schwere Zugunglück von Mannheim ist wohl auf "menschliches Versagen" zurückzuführen. Der Lokführer des rammenden Güterzugs soll trotz drei Halt-Signalen und einer Zwangsbremsung weitergefahren sein. Warum dies geschah, ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft Mannheim vom Mittwoch noch unklar. Gegen den 60-jährigen Lokführer wird wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung und wegen Gefährdung des Bahnverkehrs ermittelt.

Bei dem Unfall in der Nähe des Hauptbahnhofs waren am Freitag 35 Menschen verletzt worden. Der Güterzug hatte einen Eurocity mit 250 Fahrgästen auf dem Weg von Graz nach Saarbrücken gerammt. Zwei Waggons mit insgesamt 110 Menschen kippten um.

Warum der Lokführer nicht bremste, ist den Ermittlern ein Rätsel. Von ihm selbst liegt noch keine Aussage zum Geschehen vor. Der 60-Jährige stand nach dem Unglück am Freitagabend unter Schock. Er war laut Bundespolizei nach dem Unfall kurz befragt worden.

Nach Auskunft der Deutschen Bahn ist er kein Mitarbeiter des Unternehmens. Der niederländische Güterzug gehöre dem Unternehmen ERS Railways, die Lok kam von den Österreichischen Bundesbahnen. Den Ermittlern zufolge ist der Mann Triebfahrzeugführer einer Personal-Agentur, der in Mannheim abgelöst werden sollte.

Vor dem Hintergrund des Bahnunfalls bekräftigte die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ihre Forderungen nach einer einheitlichen Ausbildung und besseren Kontrolle von Lokführern. "Ohne über die tatsächlichen Ursachen spekulieren zu wollen zeigt dieser Vorfall wieder einmal, dass hinterfragt werden muss, welche Qualifikationen nötig sind, um auf dem deutschen Netz Eisenbahn zu fahren", sagte EVG-Vorstand Reiner Bieck.

Aus der am Mittwoch veröffentlichten Auswertung der elektronischen Fahrzeugregistrierung des Güterzugs geht hervor, dass dieser an einem Halt-Signal weiterfuhr. Daraufhin wurde der Zug nach Angaben des Eisenbahn-Bundesamtes zwangsgebremst. Der Zug stand demnach für kurze Zeit, setzte sich dann aber wieder in Bewegung. Der Lokführer hatte laut Staatsanwaltschaft die Bremsung aufgehoben. "Dabei fuhr er an zwei weiteren "Halt" zeigenden Lichtsignalen vorbei", so die Behörde - und direkt in die Flanke des EC auf dem Nachbargleis.

Zur Rekonstruktion des Geschehens sollen die Auswertung der Funkgespräche zwischen Triebfahrzeugführer und Fahrdienstleiter beitragen sowie Befragungen. Die Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes "fokussiert ihre Untersuchungen zur Zeit weiterhin auf die betrieblichen Abläufe". Daneben würden aber auch die Leit- und Sicherungstechnik sowie die Infrastruktur geprüft.

Nach Informationen von hr-Info haben die technischen Einrichtungen der Deutschen Bahn einwandfrei funktioniert. Der Sender beruft sich auf Bahn- und Ermittlerkreise.

(dpa)
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