Generalbundesanwalt Range über Neonazi-Ermittlungen "Zehn weitere mögliche NSU-Unterstützer" im Blick

Die Neonazi-Terrorgruppe NSU hatte möglicherweise rund ein Dutzend Unterstützer. "Drei Beschuldigte aus dem Umfeld der Gruppierung befinden sich mittlerweile in Untersuchungshaft. Wir haben ferner knapp zehn weitere mögliche Unterstützer der Terrorgruppe näher im Blick", sagte Generalbundesanwalt Harald Range.

 Der Generalbundesanwalt Harald Range hat weitere Unterstützer der Neonazis im Blick.

Der Generalbundesanwalt Harald Range hat weitere Unterstützer der Neonazis im Blick.

Foto: dpa, Franziska Kraufmann

Der Unterstützerkreis erweitere sich, "je näher wir herankommen", so Range gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Range betonte, dass er unter der Hand keine Abmachung mit der inhaftierten Rechtsterroristin Beate Zschäpe schließen wolle, die als Mitgründerin und Mitglied des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) gilt. "Informelle Deals, über die spekuliert worden war, die gibt es mit mir nicht", sagte Range. "Für eine Lebensbeichte sind wir immer offen", fügte er hinzu.

Zschäpe sei vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs auf die Kronzeugenregelung hingewiesen worden - also auf die Möglichkeit eines Strafnachlasses im Fall einer Aussage, die ganz erheblich zur Aufdeckung oder Verhinderung schwerer Straftaten beiträgt. "Die Frage stellt sich aber erst am Ende eines Verfahrens und gehört bisher nicht zu meinen Überlegungen", betonte Range. "In diesem Fall - bei zehn Morden - müsste man sehr genau prüfen, inwieweit ein Strafnachlass überhaupt möglich sein könnte", sagte er.

Range sagte, die Bundesanwaltschaft verfolge zahlreiche Spuren und habe auch die Brandanschläge im saarländischen Völklingen "im Blick". Bislang gebe es aber keinen Anfangsverdacht dafür, dass der NSU für die Anschläge verantwortlich ist. Bei den Brandanschlägen in Völklingen waren zwischen 2006 und 2011 Häuser angezündet worden, die vorrangig von türkischen Einwanderern bewohnt waren. Bei den Bränden wurden 20 Personen verletzt und es entstand hoher Sachschaden.

"Kein Anlass" für Neuprüfung bei Oktoberfest-Anschlag

Auch beim Anschlag auf das Münchner Oktoberfest im Jahr 1980 sieht die Bundesanwaltschaft offenbar keinen Zusammenhang zur NSU.
"Damals sind mehr als 850 Spuren verfolgt und 1.700 Zeugen vernommen worden", sagte Range. Danach sei von einer Alleintäterschaft des Münchner Attentäters auszugehen. "Jetzt ist von neuen Stasi-Unterlagen die Rede. Aber auch diese Informationen haben wir geprüft. Ergebnis: Es gibt keinen Anlass, erneut tätig zu werden", betonte der Generalbundesanwalt.

Die Brandanschläge der vergangenen Monate gegen die Bahn ordnete Range dem linken Spektrum zu. Der 63-Jährige sagte auf die Frage nach einem Vergleich der Delikte im links- und rechtsextremistischen Bereich: "Die Straftaten mögen im linksextremistischen Bereich derzeit andere sein - denken Sie an die Brandschläge gegen die Bahn." Die diesbezüglichen Ermittlungen dauerten an. Hier gehe es allerdings bislang nicht um ein Delikt einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung, sondern um den Verdacht "verfassungsfeindlicher Sabotage".

Einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwochausgabe)
zufolge soll der inhaftierte mutmaßliche NSU-Unterstützer Holger G.
ausgesagt haben, dass für die beiden Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt klar gewesen sei, nicht in die Hand der Sicherheitsbehörden geraten zu wollen. Sie hätten ihm schon nach ihrer Flucht 1998 erklärt, dass sie in diesem Fall gemeinsam sterben wollten.

Dies deckt sich mit den bisherigen Erkenntnissen, wonach Mundlos am 4. November 2011 in einem Wohnmobil seinen Komplizen Böhnhardt mit einem Kopfschuss getötet und sich dann selbst erschossen hat.
Der Zeitung zufolge will Holger G. von den zehn Morden und den anderen Straftaten der NSU nichts geahnt und nichts gewusst haben.

(APD)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort