Zahlen für 2011 Zahl der Organspenden wieder gesunken

Bonn · Die Zahl der Organspenden in Deutschland ist offenbar trotz einer breiten öffentlichen Debatte im vergangenen Jahr deutlich gesunken. Einem Medienbericht zufolge sank die Zahl auf 1200 Spender.

Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" am Donnerstag unter Berufung auf die Statistik der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) berichtet waren das 7,4 Prozent oder 96 weniger als 2010. Die Zahl der gespendeten Organe sank von 4205 auf 3917. Konnte 2010 noch 4326 Menschen in den bundesweit rund 50 Transplantationszentren mit einer Transplantation geholfen werden, so waren es 2011 nur noch 4054.

12.000 Menschen warten auf Spenderorgane

Die neuen Zahlen dürften noch einmal die Dringlichkeit der Debatte um eine Erhöhung der Spendenbereitschaft unterstreichen. Denn 12.000 Menschen stehen in Deutschland zurzeit auf der Warteliste für ein lebenswichtiges Organ; nach Schätzungen der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) sterben täglich drei von ihnen, weil es zu wenige Spenderorgane gibt.

Um das zu ändern, haben sich die Chefs der fünf Bundestagsfraktionen auf eine Änderung des Transplantationsgesetzes verständigt, die noch in diesem Jahr beschlossen werden soll. Zentraler Punkt der Einigung, die auch als "Erklärungslösung" bezeichnet wird: Anders als bisher sollen die Bürger künftig "regelmäßig, etwa mit dem Versand der Versichertenkarte, und mit einer höheren Verbindlichkeit abgefragt werden", ob sie zu einer Spende bereit sind. Einerseits also sollen die Bürger mit mehr Nachdruck mit dem für viele unangenehmen Thema konfrontiert werden. Andererseits aber sollen Antworten nicht erzwungen oder Sanktionen angedroht werden.

Zugleich will die Politik einen anderen Hebel ansetzen. Im Juni vergangenen Jahres beschloss das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf, der die Krankenhäuser ausdrücklich verpflichtet, mögliche Organspender zu melden und aktiv an einer Organentnahme mitzuwirken. In jeder Klinik soll es künftig auch einen Transplantationsbeauftragten geben, der potenzielle Spender meldet und das Krankenhauspersonal schult und berät. Derzeit kommen nur 40 Prozent der Krankenhäuser dieser Forderung nach, weil die Organentnahme aufwendig ist und viel Geld kostet. Von 4.000 Hirntoten würden jährlich nur 1.900 gemeldet, kritisiert beispielsweise die Deutsche Hospiz Stiftung. Das sei ein Organisationsversagen.

Krankenhäuser haben großen Einfluss

Beobachter verweisen darauf, dass die Spendenbereitschaft wesentlich von der Bereitschaft der Kliniken abhängt, sich für Transplantationen zu engagieren und mit den Angehörigen möglicher Spender zu reden. Sie verweisen auf die großen regionalen Unterschiede: So liegt Hamburg mit 34 Organspendern pro eine Million Einwohner international weit über dem Durchschnitt. In Baden-Württemberg sind es hingegen statistisch gerade 12,5 Organspender.

Ein im vergangenen Dezember veröffentlichtes Gutachten des Deutschen Krankenhaus Instituts weckt allerdings Zweifel, ob die Zahl der potenziellen Organspender mit solchen Maßnahmen erheblich erhöht werden kann. Als ein Grund wird genannt, dass der Widerstand von Angehörigen gegen eine Organentnahme bei Verstorbenen erheblich höher sei als von der DSO ausgewiesen.

Darüber hinaus führten die feste Verankerung der Palliativmedizin sowie ein verstärktes Interesse an Therapiebegrenzungen dazu, dass viele Menschen so behandelt werden, dass eine spätere Organentnahme nicht mehr möglich ist, heißt es. Denn eigentlich wäre für eine Organentnahme vielfach eine Intensivtherapie mit Beatmung notwendig; viele Angehörige wünschten aber stattdessen bei Patienten mit schwersten Hirnschädigungen und absehbarem Tod den Verzicht auf intensivmedizinische Maßnahmen.

(KNA)
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