Machtkampf beim "Spiegel" Chefredakteur Büchner bekommt Unterstützung der Gesellschafter

Hamburg · Beim Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" kann Chefredakteur Büchner seinen Kurs fortsetzen. Er will die bislang getrennt operierenden Redaktionen Print und Online stärker verknüpfen - und bekam wie die Geschäftsführung dafür die Unterstützung der Gesellschafter.

 Wolfgang Büchner.

Wolfgang Büchner.

Foto: dpa

Der Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", Wolfgang Büchner, kann die Verzahnung von Print und Digital im Verlag weiter fortsetzen. Das mit der Geschäftsführung aufgesetzte Projekt, unter dem Namen "Spiegel 3.0" bekanntgeworden, finde die Unterstützung aller Gesellschafter, teilten diese am Freitagabend in Hamburg mit. Am Spiegel-Verlag sind die Gesellschafter der Mitarbeiter KG (50,5 Prozent), Gruner + Jahr (25,5 Prozent) sowie die Augstein-Erben beteiligt.

Sie begrüßten es laut Mitteilung, dass Chefredaktion und Geschäftsführung das Projekt in "enger Zusammenarbeit" mit den Redaktionen des Magazins und des Nachrichtenportals verwirklichen wollen, "sowohl was die Umsetzung als auch was den Zeitablauf angeht". Weitere Details wurden nicht genannt.

Die Anteilseigner wiesen auch daraufhin, dass die Sorgen ernst genommen würden, die aus Redaktion und Dokumentation in den vergangenen Tagen geäußert wurden. Büchner will die Besetzung der Ressortleiter-Posten in den nächsten zwei Jahren ausschreiben lassen.

Dass Ressortleiter für Print auch für die jeweiligen Online-Auftritte verantwortlich werden sollen, sahen vor allem KG-Angehörige als einen Strukturwandel im Haus. Vor der angekündigten Ausschreibung hatten Ressortleiter gegen Büchner aufbegehrt und sich bei Verlagsgeschäftsführer Ove Saffe gegen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Chefredakteur ausgesprochen.

Büchner hatte im vergangenen Jahr bereits erhebliche Widerstände im Verlag ausgelöst, als er den stellvertretenden Chefredakteur der "Bild"-Zeitung, Nikolaus Blome, zum "Spiegel" holte. Dass Blome "nur" Mitglied der Chefredaktion statt Stellvertreter Büchners wurde, befriedete die Mitarbeiter KG zunächst. Sie vertritt die Print-Mitarbeiter, die die Mehrheit am Verlag halten.

"Spiegel"-Gründer Rudolf Augstein hatte 1974 für seine Mitarbeiter ein in der deutschen Presselandschaft einmaliges Modell aufgestellt, indem er sie zu Miteigentümern machte.

Der Spiegel-Verlag hat - wie andere Medien auch - in den vergangenen Jahren den Wandel im Markt zu spüren bekommen: Statt zur gedruckten Zeitung oder zum Magazin greifen die Menschen verstärkt auf das Internet oder digitale Endgeräte (Smartphone, Tablet) zu, um sich über das Weltgeschehen zu informieren. Die Auflage des "Spiegel" lag im 2. Quartal 2014 bei 874 111 verkauften Exemplaren (IVW-geprüft), davon werden 48 579 als E-Paper (elektronisches Heft) ausgewiesen. Vor zwei Jahren waren es noch über 900 000 Exemplare insgesamt gewesen.

Weil viele Leser vor allem am Wochenende Zeit haben, wird das Magazin seinen Erscheinungstag von Januar 2015 an von Montag auf Samstag vorziehen. Schon in diesem Jahr wurden im Heft von Büchner mitkonzipierte Neuerungen umgesetzt: Sie sind im Heft-Layout sowie durch zusätzliche Leit- und Meinungsartikel und Kolumnen sichtbar geworden. Am kostenlosen Zugang zu "Spiegel Online" hält Büchner fest, der gedruckte "Spiegel" soll in seiner digitalen Version völlig neu konzipiert werden. Büchner war von 2010 bis 2013 Chefredakteur der Nachrichtenagentur dpa.

(dpa)
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