Tod nach 45 Tequila Wirt übernimmt die Verantwortung

Berlin (RPO). Zwei Jahre nach einem tödlichen Tequila-Wetttrinken ineiner Berliner Kneipe hat der angeklagte Wirt vor Gericht dieVerantwortung für den Alkoholtod des 16-Jährigen übernommen. "Ichbin verantwortlich für seinen Tod", hieß es in einer Erklärung, dieder 28-jährige Aytac G. am Mittwoch von seiner Verteidigerin zumProzessauftakt vor dem Berliner Landgericht verlesen ließ. Erbereue und bedaure das Wetttrinken: "Mein Tun war nicht zurechtfertigen."

Die Anklage legt ihm unter anderem Körperverletzung mit Todesfolgezur Last. Der Kneipenwirt hatte dem 16-jährigen Lukas W. nachÜberzeugung der Staatsanwaltschaft Ende Februar 2007 mehr als 45Gläser Tequila serviert, selbst aber überwiegend Wasser stattSchnaps getrunken. Der Gymnasiast war mit 4,4 Promille im Blut insKoma gefallen und fünf Wochen später im Krankenhaus gestorben. DerWirt soll zudem zwischen 2005 und 2007 in 173 Fällen gesetzeswidrigAlkohol an Kinder und Jugendliche verkauft haben.

Wirt will selbst angetrunken gewesen sein

Aytac G. erklärte vor Gericht, er habe nie angenommen, dass jemandso viel trinken könne wie der 16-Jährige, ohne sich zu Erbrechen.Auch mit dem späteren Tod des Schülers, der er privat gut kannte,habe er nicht gerechnet. Er sei sicher davon ausgegangen, dassdieser spätestens nach zehn oder 20 Tequila aufgeben werde.

Der 28-Jährige bestritt zudem, dass er am Abend des Wetttrinkensals Wirt in seiner Charlottenburger Kneipe "Eye-T" gewesen sei.Vielmehr sei er als Gast einer Privatparty dort gewesen. Schon vordem Tequila-Wetttrinken habe er mehrere Cocktails und Biergetrunken. Er sei daher "nicht unbedingt in der Lage gewesen,vernünftig zu denken", sagte er.

Als um 04.00 Uhr morgens der Schüler aufgetaucht sei, sei dasLokal eigentlich schon geschlossen gewesen, er habe zusammen mitanderen aufgeräumt. Weil er sich zu müde und betrunken für dasWetttrinken gefühlt habe, habe er sich überwiegend Wasser servierenlassen.

Die tödliche Trinkwette hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgtund eine Debatte über Alkoholmissbrauch und ein Verbot dersogenannten Flatrate-Partys ausgelöst, bei denen für einenFestpreis unbegrenzt viel Alkohol getrunken werden kann.

Tod laut Staatsanwalt vorhersehbar

Staatsanwalt Reinhard Albers sagte zu der Erklärung desAngeklagten: "Für mich spricht alles dafür, dass Lukas' Tod beidiesem Wetttrinken vorhersehbar war." Es sei allgemein bekannt,dass man an schwerer Alkoholvergiftung sterben könne. Dies hätteAytac G. als Gastwirt erst recht wissen müssen.

Die Mutter des Todesopfers kam nicht zum Prozess. Ihre AnwältinAdelaide Stronk wies Vorwürfe zurück, Lukas sei nicht genügendbeaufsichtigt worden. Auch sei der Jugendliche kein Alkoholikergewesen. Der Mutter gehe es "nicht besonders gut", sagte Stronk.Sie erwarte eine Verurteilung des Wirts zu einer Haftstrafe ohneBewährung, damit sie mit dem Geschehen abschließen könne. Der Wirtwar im Frühjahr 2008 nach sechs Monaten aus der Untersuchungshaftentlassen worden.

Stronk berichtete, dass sich der Angeklagte in den vergangenenzwei Jahren nicht persönlich bei der Mutter entschuldigt hat. "Dieswürde ihr auch nicht sonderlich helfen", sagte die Juristin.

Richter zweifelt an moralischer Wirkung von Prozessen

Der Vorsitzende Richter sagte zu Beginn der Hauptverhandlung, mitdem Prozess werde die Justiz keine gesellschaftlichen Problemelösen können. Es könne nicht darum gehen, wie man Gaststättenbesser kontrollieren oder gar Gesetze verschärfen könne. Insgesamtsei er ohnehin skeptisch, welche Wirkung Strafprozesse auf dieöffentliche Moral haben könnten.

Die an der Trinkwette beteiligten Jugendlichen waren im Novembermit einer vergleichsweise milden Strafe davongekommen. EineJugendkammer des Landgerichts verurteilte zwei der Angeklagten zurAbleistung eines sozialen Trainingskurses. Ein weitererJugendlicher wurde vom Vorwurf der Beihilfe zur Körperverletzungfreigesprochen.

(AP)
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