Homosexueller Schützenkönig Wirbel um schwule Schützen in Münster

(RP). Pünktlich zum 10. Jahrestag der "Homo-Ehe" steht der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften in der Kritik, weil ein schwuler Schützenkönig nicht neben seinem Partner als "Königin" marschieren soll.

 Schützenkönig Dirk Winter (rechts) eröffnete Anfang Juli in Münster den Gemeinschaftsball mit seinem Königsgemahl Oliver Hermsdorf.

Schützenkönig Dirk Winter (rechts) eröffnete Anfang Juli in Münster den Gemeinschaftsball mit seinem Königsgemahl Oliver Hermsdorf.

Foto: DPA

Homosexuelle Schützenkönige schaffen es selten in die überregionalen Schlagzeilen — zehn Jahre nach der gesetzlichen Einführung der sogenannten "Homo-Ehe" sind sie Teil der gesellschaftlichen Realität.

In Kleve-Materborn amtieren derzeit Cees und Jörn Zeijseink als schwules Königspaar, in Dormagen machte König Ingo Bouvelet 2009 seinen Partner zum Adjutanten. Dass der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BHDS) aufgrund seines Umgangs mit einem homosexuellen Königspaar aus Münster ausgerechnet jetzt massive Kritik auf sich zieht, hat aus Sicht von BHDS-Pressesprecher Rolf Nieborg vor allem einen Grund: "Die Diskussion kommt nicht von ungefähr. Es ist einfach schick, die katholische Kirche anzugreifen."

Was der deutsche Lesben- und Schwulenverband als "unredliche Intervention der katholischen Kirche" angreift, war aus Sicht des Schützenbundes ein harmloser Vorgang: Er bat Dirk Winter (44), seit Juni Schützenkönig im Münsteraner Stadtteil Kinderhaus, beim bevorstehenden Bezirkskönigsschießen in Horstmar und beim Bundeskönigschießen in Harsewinkel darauf zu verzichten, mit seinem Partner Oliver Hermsdorf (37) als "Königin" in der Parade zu marschieren; die betroffene Bruderschaft und auch Schützenkönig Winter akzeptierten.

Dennoch schlug der Fall so hohe Wellen, dass das BHDS-Präsidium auf Vorschlag seines Bundespräses, des Kölner Weihbischofs Heiner Koch, eine Stellungnahme zu homosexuellen Königspaaren in den Bruderschaften veröffentlichte. Darin steht an erster Stelle: "Es spricht nichts gegen die Mitgliedschaft homosexueller Personen in unseren Schützenbruderschaften." Für den BHDS als katholische Gemeinschaft habe das Sakrament der Ehe jedoch "eine wesentliche tiefere Bedeutung als jede andere Lebenspartnerschaft".

Und gemäß des Bundes-Statuts verpflichteten sich die Mitglieder der Schützenbruderschaften zum Eintreten für die katholischen Glaubensgrundsätze und deren Verwirklichung. Deshalb könne eine Krönung und Insignienübergabe sowie ein gemeinsames Auftreten und Aufziehen nur im Rahmen dieser Vorgaben erfolgen, heißt es weiter.

Für Marlis Bredehorst (Grüne), Staatssekretärin im NRW-Gesundheitsministerium, ist es ein klarer Fall von Diskriminierung, wenn "Ewiggestrige" Homosexuelle dazu zwingen wollten, ihre Beziehung zu verstecken, sagte sie der "Bild"-Zeitung: "Dass jemand auch noch offen dazu aufgefordert wird, wie in dem aktuellen Fall, ist wirklich starker Tobak."

Davon kann aus Sicht des BHDS keine Rede sein: Der Bund hatte vorgeschlagen, seinen Partner in der Reihe der Adjutanten vor oder hinter dem König mitmarschieren zu lassen — aber bitte nicht als "Königin". BHDS-Pressesprecher Rolf Nieborg sieht in der Kritik eine Mischung von Ressentiments und Vorurteilen gegenüber den katholischen Schützenbrüdern: "Wenn Sie Mitglied in einem Handballverein werden, können sie nicht verlangen, dass da Fußball gespielt wird."

Ursprünglich hatte Schützenkönig Winter gar nicht vor, seinen Lebensgefährten zur "Königin" zu machen, war aber aus den Reihen seiner Bruderschaft dazu ermutigt worden. Als der Getränkehändler vor zehn Jahren schon einmal Schützenkönig eines anderen Vereins war, hatte er eine Frau als "Königin" gewählt. So machte es auch Peter Hinze, stellvertretender Emmericher SPD-Bürgermeister und 2008 Schützenkönig der St.-Antonius-Bruderschaft in Vrasselt: "Es lag aber auch daran, dass ich zu dieser Zeit keinen Partner hatte." Im Dorf, wo Hinze damals auch Ortsvorsteher war, war seine Homosexualität bekannt — und kein Problem, "weil die Leute ja erleben, dass auch Schwule mit Messer und Gabel essen." Für die Haltung des BHDS hat Hinze kein Verständnis: "Traditionen müssen nicht von gestern sein, sie können sich auch heute bilden."

(RP)
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