Temperaturen unter dem Gefrierpunkt Winter wird kälter: Frost setzt Obdachlosen zu

Berlin · Mit Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt hat der Winter den Norden und Osten Deutschlands schockgefroren. Die Kälte bedroht besonders Obdachlose. In Polen sind dieses Jahr schon 34 Menschen erfroren. In Berlin werden die Notunterkünfte knapp.

Temperaturen unter dem Gefrierpunkt: Winter wird kälter: Frost setzt Obdachlosen zu
Foto: dpa, Bernd Von Jutrczenka

Starke Schneefälle und bittere Kälte haben seit dem Wochenende den Norden und Osten Deutschlands überzogen. Auch im Westen werde es mit dem Abziehen der Schneewolken in den nächsten Tagen kälter, sagte der Deutsche Wetterdienst (DWD) voraus. Wer ohne Wohnung oder Heizung ist, ist bei diesen Temperatur besonders in Gefahr. Bundesweit leben nach Angaben des Dachverbands der Wohnungslosenhilfe in Deutschland rund 24 000 Menschen auf der Straße. "Und das ist nur die Spitze des Eisbergs", sagte Thomas Specht, Geschäftsführer der BAG Wohnungslosenhilfe am Montag der dpa. Insgesamt 284 000 Menschen hätten hierzulande keine Wohnung.

Bundesweit sind die Kommunen zusammen mit Wohlfahrtsverbänden und Kirchen bemüht, Obdachlosen bei Frost und Schnee zu helfen. In Berlin sind Unterkünfte für Menschen auf der Straße inzwischen rar geworden.
Knapp 430 Schlafplätze stehen den geschätzten 600 bis 1000 Wohnungslosen zur Verfügung. Manche Quartiere sind restlos überfüllt und längst doppelt belegt. In Frankfurt am Main hat die Stadt die B-Ebene der zentralen U- und S-Bahnstationen für Obdachlose geöffnet.

Auch in Hannover werden die U-Bahnstationen nachts geöffnet, wenn es besonders kalt ist. In der niedersächsischen Landeshauptstadt sind Sozialarbeiter gezielt auf der Suche nach Obdachlosen unterwegs, informieren über Unterkünfte und verteilen Schlafsäcke und Decken. "Die Obdachlosenunterkünfte der Stadt sind gut ausgelastet", sagte Sprecherin Konstanze Kalmus. 765 Menschen seien derzeit einquartiert. Auch Kältebusse werden in den Städten eingesetzt. In Hannover fahren die Johanniter mit einem Bus durch die Straßen, der Suppen und heiße Getränke verteilt, aber auch einfache medizinische Hilfe leistet.

Obdachlose, die nachts in Bahnhöfen Schutz suchten, werden nach Aussage eines Sprechers der Deutschen Bahn AG an Notunterkünfte wie die Bahnhofsmission verwiesen - wenn solche in der Nähe seien. Zum Aufwärmen in der S-Bahn benötige aber auch ein Obdachloser einen Fahrschein. "Aber wir überlassen niemand seinem Schicksal", sagte ein Sprecher der Berliner S-Bahn. Bei extremer Kälte sei das Personal angewiesen, Obdachlose auch ohne Fahrschein bis zu einer Notunterkunft weiterfahren zu lassen, in Berlin etwa zum Bahnhof Zoo.

Im östlichen Ausland hat sich die Lage teilweise zugespitzt. In Polen sind bei bitterer Kälte allein seit Sonntag sechs Menschen erfroren. Die Zahl der Kältetoten seit Jahresbeginn ist nach Polizeiangaben damit auf 34 gestiegen. Polizei und Innenministerium appellierten an die Menschen, verstärkt auf Obdachlose in Kleingartenanlagen, Betrunkene an Haltestellen und andere zu achten, die unterkühlt einschlafen und erfrieren könnten.

In Prag waren in den Wohnungen von rund 40 000 Menschen bei starkem Frost die Heizungen ausgefallen. Die Rohrleitungen des Fernwärmenetzes seien in der Nacht zu Montag an zwei Stellen geplatzt, wie die Betreiber mitteilten. Dichter Dampf breitete sich aus, heißes Wasser beschädigte eine Schule.

In Bulgarien konnten zahlreiche Dörfer nicht mit Strom und Leitungswasser versorgt werden. Bei Temperaturen um minus zehn Grad gab es in diesem Winter im Nordosten des Landes zwei erste Kältetote, berichteten Medien am Montag in Sofia. Zwei Gemeinden im Osten riefen den Notstand aus. In Rumänien hatten Schneemassen viele Dörfer vom Verkehr abgeschnitten. Zwei Autobahnen und mehr als 20 Fernstraßen wurden vorsichtshalber für den Verkehr geschlossen.

Für die nächsten Tage in Deutschland sagt der DWD in Offenbach weiter Dauerfrost im Nordosten und geringe Plusgrade am Oberrhein voraus. Nachts werde es überall Frost geben, sagte Meteorologe Lars Kirchhübel. Tief "Lilli" wandere weiter nach Süden und russische Kaltluft dominiere wieder. Damit werde sich das Wetter beruhigen, bei nächtlichen Temperaturen zwischen minus drei und minus 13 Grad. Das Gefälle zwischen Nordost und Südwest werde bleiben - mit höchsten Temperaturen zwischen minus fünf und plus fünf Grad, sagte Kirchhübel.

(dpa)
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