387 Beschwerden beim Werberat Frauenfeindlich, schlüpfrig, dumm

Berlin · Beim Deutschen Werberat sind im vergangenen Jahr insgesamt 387 Beschwerden über diskriminierende Werbung eingegangen. Beleidigende, sexistische oder gewaltverherrlichende Motive sind in Deutschland keine Seltenheit.

Werbung: Sexistisch, peinlich, daneben - Grenzwertige Beispiele
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Sexistisch, peinlich, daneben - Beispiele für grenzwertige Werbung

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Foto: dpa, pse bwe cul

Immer mehr Menschen wenden sich vor allem wegen frauenfeindlicher Anzeigen an den Deutschen Werberat. Im vergangenen Jahr kritisierten Verbraucher 198 Annoncen und Werbespots als sexistisch oder diskriminierend, im Vorjahr waren es noch 154, wie der Werberat am Donnerstag mitteilte.

Insgesamt hatte das Selbstkontrollgremium der Werbebranche über 387 Beschwerden zu entscheiden. In knapp einem Drittel der Fälle (111) gaben die Experten der Kritik aus der Bevölkerung recht.

Mehr als die Hälfte der Klagen bezog sich auf frauenfeindliche Motive. So rügte der Werberat etwa einen Möbel-Mitnahmemarkt, der auf seinem Firmen-Lkw eine Frau in Dessous auf allen Vieren auf einem Sofa zeigt - dazu der Slogan "Wohnen und wohlfühlen!" Keinen Einspruch gab es dagegen für die Anzeige zu einer Duschkabine, in der eine nackte, aber sonst harmlos fotografierte Frau zu sehen ist.

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Der Werberat führt in seinem Jahresbericht die Zunahme der Vorwürfe wegen Frauenfeindlichkeit auf die weiter wachsende Sensibilisierung in der Bevölkerung zurück. Inzwischen werde fast jede Abbildung einer Frau kritisch hinterfragt, sagt Geschäftsführerin Julia Busse. "Auch Männer beschweren sich bei uns über sexistische Anzeigen, weil sie der Meinung sind, ihnen werde damit ein falsches Frauenbild unterstellt."

Neben der Geschlechterdiskriminierung kritisierten Verbraucher etwa auch Verstöße gegen Ethik und Moral (55 Fälle), Alkoholwerbung (12)
und die Verletzung religiöser Gefühle (10). In den meisten der insgesamt 111 Fälle, bei denen der Werberat tatsächlich einen Regelverstoß sah, zeigten sich die betroffenen Unternehmen einsichtig. 88 stellten ihre Werbung ein, 9 änderten die Motive oder schnitten den Spot um.

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Foto: Screenshot ARD

Die 14 Firmen, die auf stur stellten, wurden mit Nennung ihres Namens öffentlich gerügt. Der Pranger zeigt in der Regel Wirkung. Wegen des öffentlichen Drucks ziehen nach Erfahrung des Werberats die meisten Unternehmen spätestens nach einer solchen roten Karte ihre Kampagne zurück, um Imageschäden zu vermeiden.

Der 1972 gegründete Werberat bemüht sich seit mehr als 40 Jahren, unzulässige und beleidigende Werbung auf freiwilliger Basis zu stoppen. Beschweren können sich alle Bürger, die Anzeigen oder Werbespots für unangemessen halten.

(dpa)
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