Verrückter Wettbewerb Wer hat den schönsten Bart im ganzen Land?

Hesel (rpo). Der gemeine Schnäuzer ist sicherlich längst out - doch im ostfriesischen Hesel wird Gesichtsbehaarung bis heute zelebriert. Mit einem schlichten Kinn- oder Schnauzbart kommt hier jedoch niemand weit: Bei den Internationalen Deutschen Bart-Meisterschaften gilt: Je ausgefallener, desto besser.

Bilder von der Bart-WM
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Foto: AP

"Bart - Wichs!" lautet der Schlachtruf der Freunde ausgefallener Gesichtsbehaarung. Dreifach donnernd ertönte er am Wochenende im ostfriesischen Hesel. Rund 100 Teilnehmer aus acht Nationen maßen sich anschließend bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften der Schnurr-, Kinn-, Backen- und Vollbartträger. Man blieb unter sich, doch hätten die dekorativen Kreationen auch manchen glatt Rasierten zur Bartmode bekehren können.

Laut Regularien des Verbandes Deutscher Bartclubs waren 16 Kategorien zugelassen. In den Freistilformen präsentierten sich besonders viele Starter der Jury, denn hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Optisch sehr präsent zeigten sich aber auch die Vollbehaarungslösungen vom Typ "naturale", also Rausche- und vereinzelt glatte Zottelbärte. Dafür durften sich die Träger von "Kinn- und Backenbärten, chinesisch" auf sichere Platzierungen freuen. Wie immer war das Teilnehmerfeld so dünn wie die beiden für die Bartvariante charakteristischen, lang herabhängenden Haarstränge.

Die Ausrichtung der Meisterschaften war dem Bartclub Hesel auf dessen Antrag zugefallen. Zwei Jahre lang habe man auf dieses Wochenende hingearbeitet, berichtete der erste Vorsitzende, Hans-Peter Jahn, am Samstag. Der Preis der liebevollen Planung waren gute Stimmung der Teilnehmer, viel Werbung für die kleine ostfriesische Gemeinde und der Verzicht auf eigene Meisterehren. "Als Veranstalter darf ich selbst nicht antreten", sagte der 50-Jährige, der mit einem prachtvollen Backenbart nach Art der österreichischen Kaiser im vergangenen Jahr Olympiasieger in der Alpenrepublik geworden war.

Wie viele Gesinnungsgenossen kam Jahn zufällig auf das haarige Hobby. Zuvor Durchschnitts-Bartträger, hatte er sich Mitte der 90er erstmals fürs systematische Styling erwärmen können und bald Erfolge eingeheimst.

Hoch dekoriert ist inzwischen auch Willi Chevalier. "Früher hatte ich nur einen Kinnbart und ein kleines Schneckle", sagte der Baden-Württemberger. Seit einigen Jahren stellt sich der Versicherungskaufmann und Tanzlehrer Schönheitskonkurrenten mit zwei ausladenden Dreifachwellen, die ihm in Hesel einen ersten Platz mehr im Kinn- und Backenbart, Freistil, einbrachten.

Freistil war auch die Kategorie der Wahl für Vollbart-Träger Elmar Weißer. Der Friseurmeister war mit seiner Schwester angereist, die ebenfalls Friseurin ist. So viel Expertise zeigte Folgen: Der Baden-Württemberger trat mit einer in den Bart gearbeiteten Windmühle an. "Wir hatten uns früh morgens überlegt, was wir machen wollten. Ich habe die Haare gehalten, meine Schwester hat sie frisiert", sagte der 41-Jährige.

Um den 80 Zentimeter langen, in der Mitte geteilten Bart in die Waagerechte und in Form zu bringen, bedurfte es vier Stunden Ausdauer und einer 400-Gramm-Dose Haargel. Bei so viel Zeit kommt man auf Ideen. "Wir haben uns gedacht: Lassen wir auch noch die Flut kommen", berichtete Weißer und deutete auf dynamische Schlaufen im rechten Bartausläufer.

Ehemaliger Rekordhalter aus England angereist

Auch aus England waren Bartträger angereist: "Ich bin nur hier wegen des Biers", sagte Rod Littlewood in den einzigen deutschen Worten, die er nach eigenem Bekunden beherrscht. Dann lachte er. Nein, er sei nicht mit Ernst dabei. Er wolle Spaß haben und Freunde treffen, sagte der Vize-Präsident des britischen Handlebar Club, der 1947 gegründet wurde und der angeblich älteste Bartträger-Club der Welt ist.

Mit ihm waren Ted Sedman und Steve Parsons aus der Nähe von London gekommen. Sedman, 68, erinnerte sich augenzwinkernd der Zeiten, als sein Bart von rund 1,60 Metern Länge ihm einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde für den "Längsten Bart von England" eingebracht hatte. Heute sei die Zier nur noch ein Schatten ihrer selbst, sagte er. Es reichte trotzdem wieder zum ersten Platz unter den Chinesen-Bart-Trägern.

Sein Freund Parsons trat in der Montur eines Cricket-Spielers mit einem Schnurrbart "Englisch" an, den feine, lang nach außen weisende Spitzen ausweisen. Auf die Frage, warum der Bart so heiße, antwortete er schmunzelnd: "Keine Ahnung, man sieht die in England auch nicht so oft."

(ap)
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