Weniger Unterhalt für die Ex-Frau Was das Scheidungsurteil des BGH bedeutet

(RP). Der Bundesgerichtshof hat zu Beginn der Woche ein wichtiges Urteil gesprochen: Männer, die ein zweites Mal heiraten, dürfen mehr Geld für ihre neue Frau behalten. Der Unterhalt für die Ex-Frau kann demnach herabgesetzt werden. Der Richterspruch schreibt das seit 2008 geltende Scheidungsrecht konsequent fort.

Ein geschiedener Mann kann fordern, dass der Unterhalt seiner Ex herabgesetzt wird, wenn er auch einer neuen Ehefrau gegenüber unterhaltspflichtig ist. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Die Richter erklärten, bei der Berechnung des Unterhalts müssten für die geschiedene wie für die neue Ehefrau die gleichen Maßstäbe angewendet werden.

Im konkreten Fall hatte ein Ingenieur geklagt, der in zweiter Ehe verheiratet ist und mit seiner neuen Frau einen gemeinsamen Sohn hat. Zudem hatte er ein weiteres Kind seiner neuen Frau aus einer früheren Beziehung adoptiert. Nachdem er wieder geheiratet hatte, wurde der Unterhalt für die Kinder zwar neu berechnet, nicht aber für die neue Frau. Der Kläger sah den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt. Die Gerichte sahen das genauso: Das Amtsgericht kürzte der Ex-Frau den Unterhalt von 607 auf 290 Euro. Oberlandesgericht und BGH bestätigten das Urteil.

Der Ingenieur und seine neue Frau profitieren auch vom neuen Scheidungsrecht, das seit dem 1. Januar 2008 in Kraft ist. Grundsätzlich sieht es vor, dass zunächst der Unterhaltsanspruch aller Kinder befriedigt werden muss. Danach erst sind Ex-Frau und neue Frau an der Reihe.

Die Richter verdeutlichten den Unterschied zwischen alter und neuer Regelung an einem Rechenbeispiel: Bei einem monatlichen Einkommen von 4000 Euro hätte die Ex-Frau 2000 Euro bekommen. Die übrigen 2000 Euro hätten dem geschiedenen Mann und seiner neuen Familie zur Verfügung gestanden. Nach dem neuen Recht erhalten geschiedene Frau, Mann und neue Frau jeweils 1333 Euro, was die neue Familie entschieden besser stellt.

Der BGH betonte vor allem die Gleichbehandlung beider Frauen, was Rechte und Pflichten angeht. So ist auch der neuen Frau ein Job zuzumuten, wenn die Ex ebenfalls gezwungen ist, zu arbeiten. Das seit 2008 geltende Scheidungsrecht hat das Prinzip der "Hausfrauenehe" deutlich aufgeweicht. Den Anspruch, nach der Scheidung lebenslang einen vergleichbaren Standard halten zu können wie in der Ehe, gibt es nicht mehr. Die Gerichte haben mittlerweile mehr Spielraum, Unterhaltsansprüche von Partnern, die in der Ehe nicht erwerbstätig waren oder weniger verdient haben, zu begrenzen.

Das Scheidungsrecht sieht vor, dass auch Müttern grundsätzlich zumindest eine Teilzeit-Tätigkeit zuzumuten ist, wenn die Kinder älter als drei Jahre alt sind. Ausnahmeregelungen sind allerdings möglich, wenn Betreuungsplätze für die Kinder fehlen. Sobald der Nachwuchs zwischen acht und elf Jahren alt ist, prüfen die Gerichte die Einzelfälle, ob eine unterhaltsberechtigte Mutter weiterhin die Annahme eines Teilzeit-Jobs ablehnen kann. Bei Elf- bis 15-Jährigen gilt eine Teilzeit-Beschäftigung auch ohne Kinderbetreuung als zumutbar. Erst wenn das jüngste Kind 16 Jahre alt ist, muss die Mutter wieder Vollzeit arbeiten. Eine weitere Ausnahme von der neuen Pflicht zum Job für geschiedene Ehepartner sieht der Gesetzgeber für Frauen vor, die mehr als 20 Jahre verheiratet waren und ihre Rollenverteilung im Vertrauen darauf gewählt haben, dass sie im Fall einer Scheidung versorgt sind. In diesen Fällen soll über Jahre gewachsenes Vertrauen auch nach der Ehe geschützt werden.

Für den Fall, dass nach einer Scheidung das Geld nicht für alle Anspruchsberechtigten reicht, hat der Gesetzgeber eine Rangliste geschaffen. So werden an erster Stelle alle Kinder versorgt, unabhängig davon, ob sie aus einer Ehe oder einer nicht-ehelichen Beziehung stammen. An zweiter Stelle stehen die Frauen, die kleine Kinder zu versorgen haben. Eine geschiedene Frau, die keine kleinen Kinder hat und nur kurze Zeit verheiratet war, kann erst an dritter Stelle und damit als letzte mögliche Ansprüche geltend machen.

(RP)
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