Winnenden-Prozess Waffenexperte sieht Verstoß gegen Waffengesetz

Stuttgart (RPO). Im Prozess gegen den Vater des Amokläufers von Winnenden haben am Dienstag zwei Mitschüler des Amokschützen Tim K. sowie ein Sachverständiger des Landeskriminalamtes ausgesagt. Mit der unverschlossenen Aufbewahrung von Tatwaffe und Munition in seinem Schlafzimmer hat der Vater des Täters nach Ansicht eines Waffenexperten gegen das Waffengesetz verstoßen.

Tim K. - der Amokläufer von Winnenden
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Beides hätte laut Gesetz in einem Stahlschrank aufbewahrt werden müssen, sagte der Sachverständige des Landeskriminalamtes, Volker Schäfer, am Dienstag im Prozess gegen den Vater des Amokläufers vor dem Landgericht Stuttgart. Zwei Mitschüler des Amokläufers sagten anschließend aus, sie hätten die Waffensammlung des Angeklagten besichtigen dürfen. Das Gericht schloss unterdessen einer der Schöffen wegen Befangenheit aus dem Prozess aus.

Der Vater von Tim K. muss sich seit Mitte September vor Gericht verantworten, weil er seinem Sohn Zugriff auf eine erlaubnispflichtige Schusswaffe sowie Munition ermöglicht hat. Der Schüler hatte am 11. März 2009 bei einem Amoklauf in Winnenden und seiner anschließenden Flucht in Wendlingen 15 Menschen und anschließend sich selbst getötet. Die Tatwaffe hatte er aus dem Schlafzimmer der Eltern entwendet.

Der Waffenexperte verwies auf weitere Verstöße bei der Aufbewahrung von Waffen im Hause des Angeklagten. So sei in den Tresoren des Angeklagten Munition gefunden worden, die der 51-Jährige nicht hätte besitzen dürfen. Außerdem seien einige Waffen in Stahlschränken aufbewahrt worden, die nach Ansicht des Experten für Tresore einer höheren Widerstandsklasse vorgesehen sind.

Tim K. gab nicht mit Waffen an

Die ehemaligen Mitschüler schilderten ein Treffen im Hause des Angeklagten im Jahre 2008 wegen eines Schulprojekts. Dort sollen sie Gelegenheit gehabt haben, einen Blick in die Waffensammlung des Angeklagten zu werfen. Allerdings machten die beiden Zeugen widersprüchliche Angaben darüber, ob Tim K. oder sein Vater derjenige war, der sie dazu aufgeforderte. Unklar ist auch, ob bei dem Besuch der Waffenschrank des Angeklagten bereits offen stand.

Obwohl in der Schule bekannt gewesen sei, dass sich Waffen im Haus befanden, habe Tim nie damit angegeben, sagten die beiden jungen Männer übereinstimmend. Sie beschrieben Tim K. als einen ruhigen, unauffälligen Schüler, der wenige Freunde hatte und nicht gemobbt wurde.

Schöffe wegen Befangenheit abgelehnt

Zu Beginn des Verhandlungstages hatte das Gericht einen der beiden Schöffen wegen Befangenheit aus dem Prozess ausgeschlossen. Zur Begründung sagte der Vorsitzende Richter Reiner Skujat, das Verhalten des 59-jährigen Laienrichters sowie seine Aussagen gegenüber der Polizei vor rund zwei Wochen gingen "weit über die Grenze des Tolerierbaren hinaus". Der Prozess wird nun mit einem Ersatzschöffen fortgesetzt.

Der Laienrichter soll am 27. Oktober Polizeibeamte "massiv" beleidigt haben, nachdem er kurz nach Mitternacht betrunken und schlafend in der Innenstadt aufgefunden worden war. So beschimpfte der 59-Jährige nach Angaben des Gerichts die Beamten als "Idioten" und "Scheißkerle". Darüber hinaus gab er sich den Polizisten als Schöffe im Winnenden-Prozess zu erkennen und sagte, sie sollten "vorsichtig sein, dass sie das nicht bereuen".

Nach Gerichtsangaben hatte er zudem einen Anklagesatz gegen den Vater des Amokläufers, eine Liste der Opfer sowie 76 von ihm gefertigte handschriftliche Notizen zum Prozess bei sich. Weil er kaum gehen konnte, wurde der Schöffe anschließend von der Polizei in eine Ausnüchterungszelle gebracht. Die Polizei stellte daraufhin Strafanzeige gegen ihn wegen Beleidigung.

(apd)
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