Wirbel um angeblichen Sozialbetrug Vorerst keine Ermittlungen gegen Wallraff
Köln · Günter Wallraff hat schon oft soziale Missstände aufgedeckt - nun sieht er sich selbst dem Vorwurf des Sozialbetrugs ausgesetzt. Ein ehemaliger Mitarbeiter wirft ihm vor, ihn illegal beschäftigt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat bislang keine Ermittlungen eingeleitet.
Vorwürfe des Sozialbetrugs gegen den Kölner Enthüllungsautor Günter Wallraff haben bislang nicht zu Ermittlungen geführt. Dies sagte ein Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft der dpa am Montag.
Laut einem "Spiegel"-Bericht vom Sonntag soll Wallraff einen ehemaligen Mitarbeiter über Jahre hinweg illegal beschäftigt haben. Wallraff wies die Anschuldigung zurück: Er habe dem Mann helfen wollen, ihn gelegentlich beschäftigt, aber nie fest angestellt und auch kein monatliches Festgehalt bezahlt.
Sollten sich die Vorwürfe gegen Wallraff bestätigen, könnte gegen ihn wegen Beihilfe zum Betrug ermittelt werden. Dem ehemaligen Mitarbeiter könnte ein Strafverfahren wegen Steuerbetrug und Sozialhilfebetrug drohen.
"Ich habe diesem Menschen, der mit einer konfliktreichen Biografie belastet ist, eine Wohnung zur Verfügung gestellt und ihn einige Jahre begleitet", schreibt Wallraff in einer Stellungnahme. "Er stand mir in dieser Zeit auch immer wieder hilfreich zur Seite. Die Vorwürfe, ich hätte ihn ausgebeutet oder ausgenutzt, haben nichts mit der Realität zu tun."
"Eine Art Privatsekretär"
Wie der "Spiegel" berichtet, beschuldigt der ehemalige Mitarbeiter den 69-jährigen Wallraff, ihn beschäftigt zu haben, ohne dies dem Finanzamt oder der Arbeitsagentur anzuzeigen. Der Mann habe "als eine Art Privatsekretär" bei Wallraff gearbeitet. Sein Monatsgehalt von anfangs 1000 Euro sei ihm von Wallraff bar und ohne Beleg ausgezahlt worden.
Wallraff verwies in diesem Zusammenhang am Sonntag auch auf einen Brief seines Anwalts Winfried Seibert an den "Spiegel". Der Anwalt schreibt darin, Wallraff habe den Mann bei Recherchen zu Call-Centern kennengelernt und ihm helfen wollen. Der Mann habe gelegentlich bei ihm im Büro etwas Geld verdienen dürfen, jedoch "nie fest angestellt". Er habe auch nie ein monatliches Festgehalt bezogen. Nach Wallraffs Darstellung wollte der Mitarbeiter, dass ihm das Geld bar ausgezahlt wurde, da es ihm sonst gepfändet worden wäre.
Finanzierung einer Ausbildung angeboten
Er habe dem Mitarbeiter unter Zeugen mehrmals angeboten, eine Lebensversicherung für seine Altersvorsorge abzuschließen, ihm eine zusätzliche Ausbildung zu finanzieren und ihn auch testamentarisch zu berücksichtigen, so wie dies bereits bei früheren Mitarbeitern geschehen sei. Dies habe der Mann jedoch abgelehnt, "da er möglicherweise damals schon vorhatte, mich in der Öffentlichkeit zu diskreditieren".
Nach Angaben seines Anwalts ging Wallraff mit dem Mitarbeiter noch vor einigen Monaten zu der zuständigen ARGE-Mitarbeiterin, um ein festes Arbeitsverhältnis zustande zu bringen. Kurze Zeit später habe der Mitarbeiter davon nichts mehr wissen wollen und sämtliche Kontakte zu Wallraff abgebrochen.
Wallraff ("Ganz unten") hat in der Vergangenheit oft soziale Missstände aufgedeckt. Zuletzt hatte er dem Paketzusteller GLS unzumutbare Arbeitsbedingungen und Dumpinglöhne vorgeworfen.