Aufnahmen erst jetzt öffentlich Videos von der Ahr-Flut zeigen vom Wasser umschlossene Häuser

Mainz · Bis zum Dachgeschoss vom Wasser eingeschlossene Häuser und Menschen, die verzweifelt auf sich aufmerksam machen - von Balkonen, von Dächern. Diese Videos der Flutnacht am Ahrtal wurden erst jetzt öffentlich - und sorgen nun für politischen Druck.

Ahrtal - ein Jahr nach der Flutkatastrophe
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Besuch im Ahrtal - ein Jahr nach der Flutkatastrophe

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Foto: Christoph Reichwein (crei)

Das rheinland-pfälzische Innenministerium hat die kürzlich aufgetauchten und bislang nicht-öffentlichen Polizeihubschrauber-Videos aus der Flutnacht vom Ahrtal in dieser Woche Journalisten in Mainz gezeigt. Menschen und Hinweise auf bestimmte Häuser sind zuvor in den insgesamt drei Videos verpixelt worden. Die Filme zeigen Aufnahmen von den Ahr-Orten Mayschoß bis Schuld zwischen 22.14 Uhr und 22.43 Uhr in der Flutnacht am 14. Juli 2021.

Die Aufnahmen eines Polizeihubschraubers waren erst kürzlich, mehr als ein Jahr nach der Flut, bekanntgeworden und hinter verschlossenen Türen Untersuchungsausschuss des Landtags gezeigt worden. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) war wegen der Videos unter Druck geraten. Nach eigenen Angaben aber hatte er sie zum ersten Mal am 23. September im U-Ausschuss bei seiner zweiten Befragung gesehen. Mindestens 134 Menschen hatte die Flutkatastrophe am 14. und 15. Juli 2021 im Ahrtal in Rheinland-Pfalz getötet. In Nordrhein-Westfalen starben weitere 49 Menschen durch die Flut. Auch dort gibt es einen Landtags-U-Ausschuss zur Aufarbeitung der Katastrophe.

Ganze Landstriche stehen auf den Filmen unter Wasser. Zu sehen sind auch (verpixelte) Menschen auf einem Garagendach und ein Auto, das mit eingeschaltetem Heckscheibenwischer und Innenbeleuchtung durch die Wassermassen treibt. Gegen die Scheiben eines von den Fluten eingeschlossenen Hauses klatschen Wellen. Ein Mensch, der im Wasser treibt, sei jedoch an keiner Stelle zu erkennen, sagte Christoph Semmelrogge, Chef des Präsidiums Einsatz, Logistik und Technik, zu dem die Hubschrauberstaffel gehört. Das Auto sei nach den Erkenntnissen der Polizei leer gewesen.

Minister Lewentz betonte: „Das geht jedem sehr nahe, wenn man diese Bilder sieht.“ Der SPD-Politiker ergänzt aber auch, die „hauptausschlaggebenden Elemente für diese Katastrophe“ sehe er auf den Videos nicht. So seien keine toten Menschen zu sehen. Lichtzeichen von Einsatzkräften vor Ort hingegen schon, sagte er etwa. „Ich sehe hier ein ganz großes starkes Hochwasser.“

Warum die Videos erst vor kurzem auftauchten, erklären Semmelrogge und der Koblenzer Polizeipräsident Karlheinz Maron mit einem Dokumentationsfehler und einem Missverständnis. Die Videos seien erst kürzlich auf der externen Festplatte eines Mitarbeiters der Hubschrauberstaffel gefunden worden, sagte Semmelrogge. Es habe aber nie die Absicht gegeben, die Aufzeichnungen unzugänglich zu machen.

Inzwischen wird der Ruf der Opposition in Rheinland-Pfalz nach einem Rücktritt von Innenminister Lewentz lauter. Trete Lewentz nicht von sich aus zurück, müsse Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) ihn entlassen, forderten die beiden Fraktionsvorsitzenden von CDU und AfD im rheinland-pfälzischen Landtag, Christian Baldauf und Michael Frisch. Baldauf erklärte, wer solche Videos nicht als Handlungsaufforderung begreife, sei fehl am Platz. Der Obmann der Freien Wähler im Landtags-Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe, Stephan Wefelscheid, sagte: „Hätte man diese Videos gesehen, hätte man echt krasse Anhaltspunkte dafür gehabt, dass hier zentrale Abwehrmaßnahmen erforderlich sind“. Frisch betonte, unabhängig davon, was Lewentz in der Flutnacht von den Videos gewusst habe oder nicht, sei sicher, dass sein Polizeiapparat am Abend des 14. Juli 2021 ein klares Lagebild über die historische Flutkatastrophe an der Ahr gehabt habe.[Link auf https://ga.de/region/ahr-und-rhein/mehr-von-ahr-und-rhein/videos-aus-flutnacht-im-ahrtal-hier-sehen-sie-die-aufnahmen_aid-77844669%C2%A008:13%20UhrKannst%20du%20mal%20schauen,%20ob%20wir%20das%20auch%20nochmachen%20k%C3%B6nnen?%C2%A0]

(top/dpa)
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