Drama in Thüringen Vater hält seinen kleinen Sohn als Geisel

Bad Langensalza (RPO). Ein Drama spielt sich in einem Mehrfamilienhaus in Bad Langensalza (Thüringen) ab: Ein 30 Jahre alter Vater hat sich mit seinem kleinen Sohn in seiner Wohnung verschanzt und droht, das Haus in die Luft zu sprengen. Er könnte bewaffnet sein. Die Polizei ist mit einem Sondereinsatzkommando vor Ort.

Vater verschanzt sich mit kleinem Sohn
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Vater verschanzt sich mit kleinem Sohn

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Das Urteil vieler Bewohner der Kleinspehnstraße in Bad Langensalza über ihren Nachbarn stand schon vor diesem Tag fest. "Der Mann war sehr seltsam, man hat sich nie getraut, ihn anzusprechen", sagt ein Bewohner des Hauses auf der anderen Straßenseite.

Aufgeschreckt durch das Polizeiaufgebot vor ihren Türen strömen nebenan die Schaulustigen zusammen. Sie starren auf die Wohnung im dritten Stock des Mehrfamilienhauses. Was sich hinter dessen Fenstern abspielt, ist noch vollkommen unklar. Seit Dienstagmorgen hält sich dort ein 30-jähriger Vater verbarrikadiert. Über das Alter seines kleinen Sohnes gibt es unterschiedliche Angaben: Er ist vier oder fünf Jahre alt.

Eine andere Nachbarin sagt, der Mann sei schon zuvor gewalttätig mit seinem Sprössling umgegangen: "Er hat ihn auf offener Straße getreten, man hatte immer den Eindruck, dass er sich überhaupt nicht um den Jungen kümmert. Es ist mir ein Rätsel, warum sich nicht schon lange das Jugendamt eingeschaltet hat."

Bis zum Nachmittag versammeln sich hinter den Straßensperren der Polizei Dutzende Anwohner. Von beschaulicher Ruhe im Kurort Bad Langensalza kann an diesem Tag keine Rede mehr sein.

Polizei setzt auf Fingerspitzengefühl

Gegen neun Uhr morgens hatte der Vater versucht, Lebensmittel aus einem Supermarkt zu stehlen. Als er die Produkte in seine Tasche stopfte, stellte ihn die Marktleiterin zur Rede. Daraufhin zückte er eine Pistole und flüchtete zu sich nach Hause. "Er hat hier jeden Tag eingekauft und immer ganz normal bezahlt", wundert sich die Marktleiterin.

Inzwischen mache sie sich Vorwürfe, den Mann überhaupt auf den versuchten Diebstahl angesprochen zu haben: "Dann wäre das alles nicht passiert."

Stattdessen kam es zu einem Großeinsatz der Polizei. Um das Wohl des Kindes nicht zu gefährden, gingen die Einsatzkräfte zunächst "mit sehr viel Fingerspitzengefühl" vor, sagte Polizeisprecher Thomas Soszynski. Immerhin stehe der bislang nicht aktenkundige Täter unter großem psychologischen Druck. Zudem wisse man nicht, "was sich in der Wohnung abspielt".

Ob der Mann möglicherweise mit einer abgesägten Schrotflinte bewaffnet sei, wie Beobachter spekulierten, sei nicht abschließend zu klären gewesen. Zeugen hätten angegeben, dass der Täter weitere Waffen besitze.

Gerüchte, der Mann sei geisteskrank und habe gedroht, Giftschlangen in der Wohnung auszusetzen, wollte die Polizei nicht kommentieren.

Stürmung der Wohnung "absolut letztes Mittel"

Die Straßen rund um das Mehrfamilienhaus wurden am Nachmittag gesperrt. Eine Stürmung der Wohnung durch das herbeigerufene Spezialeinsatzkommando sei aber "das absolut letzte Mittel", betonte Soszynski. Das Verhandlungsteam, dem auch ein Psychologe angehöre, befinde sich in telefonischem Kontakt mit dem Geiselnehmer. Zudem wurde die ehemalige Lebensgefährtin des Täters als Vermittlerin eingeschaltet und durch Sicherheitsbarrieren in das Haus gelassen.

Das Bangen um eine gewaltfreie Beendigung der Geiselnahme hielt bis zum späten Nachmittag an. Soszynski hofft auf eine schnelle Lösung, erinnerte jedoch an eine frühere Geiselnahme: "Damals haben wir eineinhalb Tage am Tatort ausgeharrt."

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(apd/jre)
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