Es geht um Asylbewerber Äußerung von Alexander Dobrindt ist das Unwort des Jahres

Darmstadt · Aus 900 Vorschlägen hat eine sprachkritische Jury das „Unwort des Jahres“ gekürt. Viele Vorschläge hatten mit Debatten um Asylberwerber zu tun - der im Vorfeld am meisten genannte Kandidat ging aber leer aus.

Unwort des Jahres 2018: "Anti-Abschiebe-Industrie" ist Unwort des Jahres
Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

"Anti-Abschiebe-Industrie" ist das Unwort des Jahres 2018. Die Äußerung stammt von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Der Politiker hatte den Begriff in einem Interview im Mai genutzt. Er hatte Klagen gegen die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber als Sabotage des Rechtsstaats bezeichnet und von einer "Anti-Abschiebe-Industrie" gesprochen.

"Der Ausdruck unterstellt denjenigen, die abgelehnte Asylbewerber rechtlich unterstützen und Abschiebungen auf dem Rechtsweg prüfen, die Absicht, auch kriminell gewordene Flüchtlinge schützen und damit in großem Maßstab Geld verdienen zu wollen", erklärte die Jury um Sprecherin Nina Janich, Professorin an der Technischen Hochschule Darmstadt.

Janich sagte, eine solche Äußerung von einem wichtigen Politiker einer Regierungspartei zeige, "wie sich der politische Diskurs sprachlich und in der Sache nach rechts verschoben hat und sich damit auch die Sagbarkeitsregeln in unserer Demokratie auf bedenkliche Weise verändern."

Für das Jahr 2018 waren bei der sprachkritischen Jury etwa 900 Einsendungen mit mehr als 500 Vorschlägen eingegangen, wie die Jurysprecherin Prof. Nina Janich von der Technischen Universität Darmstadt mitteilte.

Zum „Unwort des Jahres“ kürt die Jury seit 1991 jedes Jahr einen Begriff, der aus ihrer Sicht gegen das „Prinzip der Menschenwürde“ oder gegen „Prinzipien der Demokratie“ verstößt, weil er gesellschaftliche Gruppen diskriminiere oder euphemistisch, verschleiernd oder gar irreführend ist. Fürs Jahr 2016 fiel die Wahl auf „Volksverräter“, 2017 lautete das Unwort „Alternative Fakten“.

Etwa 900 Einsendungen seien bis zum Einsendeschluss am 31. Dezember eingegangen, teilte Jurysprecherin Janich mit. Das waren weniger als sonst. Seit Mitte der 1990er Jahre seien stets mehr als 1000 Einsendungen gezählt worden, in einigen Jahren sogar mehr als 2000.

Unter den häufigsten Einsendungen waren diesmal der von CSU-Politiker Markus Söder benutzte Begriff „Asyltourismus“ sowie der vom AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland verwendete „Vogelschiss“. Beim Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation hatte Gauland gesagt: „Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.“ Allerdings spielt die Häufigkeit eines Vorschlags für die Entscheidung der Jury keine Rolle. Der Satz fiel nach einem Bekenntnis von Gauland zur Verantwortung der Deutschen für den Nationalsozialismus mit Millionen ermordeten Juden und Millionen Kriegstoten.

(felt/dpa)
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