ICE-Unfall mit Schafherde Untersuchung: DB-Krisenmanagement versagte

Berlin (RPO). Im April entgleiste ein ICE im Tunnel, nachdem er in eine Schafherde geraten war. Nun liegt ein Untersuchungsbericht vor, der der Bahn ein schlechtes Zeugnis ausstellt. Der Bericht bemängelt mangelhafte Information, einen alkoholisierter Lokführer und eine unsichere Strecke.

ICE rast in Schafherde
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Bei dem ICE-Unglück im hessischen Landrückentunnel hat das Katastrophenmanagement der Deutschen Bahn versagt. Das geht aus einem Untersuchungsbericht des Regierungspräsidiums Kassel hervor, der der Nachrichtenagentur ddp vorliegt.

Schlecht informiert

Darin heißt es, die Leistungsfähigkeit der DB-Notfallleitstellen habe sich als "sehr begrenzt" erwiesen. Die Information und Alarmierung der Rettungskräfte sei "mangelhaft" gewesen. Die Bahn wollte sich dazu am Freitag mit Hinweis auf laufende staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht äußern.

Nicht nüchtern

Eine der Leitstellen habe das Ausmaß des Unglücks "heruntergespielt", heißt es weiter in dem Untersuchungsbericht. Der Feuerwehr seien Informationen nicht oder nur unzureichend übermittelt worden. Der Lokführer eines speziellen Rettungszuges der Bahn sei nach Angaben der Feuerwehr "nicht nüchtern" gewesen. Ein zweiter Lokführer habe die Technik des Zuges nicht bedienen können.

Unsichere Strecke

In dem Papier heißt es weiter, dass die ICE-Strecke zwischen Hannover und Würzburg bauliche sicherheitstechnische Defizite aufweise und nicht sicher sei. Anderslautende Versicherungen von Vertretern der Bahn hätten sich als "nicht richtig erwiesen". Auf der Strecke fehlten "zwingend erforderliche technische Ausstattungen, die heute Stand der Technik" seien. Das Unglück wäre dem Bericht zufolge "wahrscheinlich vermeidbar gewesen", wenn der Bahntunnel, so wie es bei Straßentunneln üblich sei, per Videokamera überwacht worden wäre.

Bahnreaktionen

Die Bahn betonte am Freitag, ihre Tunnel seien sicher. Das Rettungskonzept mit Hilfe eines Tunnelrettungszuges als auch die Beschaffenheit des Tunnels entsprächen geltenden Rechtsvorschriften und den anerkannten Regeln der Technik. "Für alle Tunnel im Netz der Deutschen Bahn gibt es ein von den Aufsichtsbehörden und Bundesländern klar definiertes Sicherheits- und Rettungskonzept, dessen Umsetzung regelmäßig vor Ort überprüft wird", hieß es weiter. Sicherheitsmängel gebe es nicht.

Zum Unfall am Landrückentunnel liefen derzeit noch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Bevor das Ergebnis nicht vorliege, könnten deshalb keine seriösen und belastbaren Aussagen zum Sachverhalt getroffen werden. Bei dem Unglück war ein ICE mit 135 Passagieren an Bord in eine Schafherde gerast und im Landrückentunnel entgleist. 19 Fahrgäste wurden verletzt.

(afp)
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