Höchste Belastungen in Regionen mit viel Tierhaltung Umwelthilfe verklagt Deutschland wegen Nitrat im Grundwasser

Berlin · Nach ihrer Kampagne für saubere Luft in den Innenstädten klagt die Deutsche Umwelthilfe jetzt auch auf sauberes Grundwasser.

 Ein Traktor mit Anhänger versprüht Gülle auf einem Acker.

Ein Traktor mit Anhänger versprüht Gülle auf einem Acker.

Foto: dpa/Carsten Rehder

Beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg sei eine 75-seitige Klageschrift wegen der Überschreitung der Grenzwerte für die Nitratbelastung des Grundwassers eingereicht worden, erklärten Vertreter der Umweltorganisation am Dienstag in Berlin.

Konkret richtet sich die Klage nach den Worten von Rechtsanwalt Remo Klinger gegen die Bundesrepublik, vertreten durch das Bundeslandwirtschaftsministerium. Klinger hält eine erste Gerichtsentscheidung in der zweiten Jahreshälfte 2019 für realistisch.

Deutschland hat nach den Worten von Umwelthilfe-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner nach Malta die zweithöchsten Messwerte unter allen 28 EU-Staaten. Hauptverursacher der Nitrateinträge sei die industrielle Landwirtschaft durch Düngung und Gülle.

Am meisten mit Nitrat belastet ist das Grundwasser nach seinen Worten in Regionen mit viel Tierhaltung. Müller-Kraenner nannte konkret Schleswig-Holstein, Niedersachsen, das nördliche Nordrhein-Westfalen sowie Teile Bayerns.

Zu hohe Nitratwerte im Trinkwasser seien vor allem für Säuglinge und Kleinkinder gefährlich. Auch steige das Krebsrisiko. Hinzu kämen erhebliche Auswirkungen auf das Ökosystem, also etwa die Insektenwelt. Für die Nitratbelastung des Grund- und Trinkwassers gilt ein Grenzwert von 50 Milligramm je Liter.

Dieser werde an knapp 28 Prozent der Messstellen teilweise deutlich überschritten. Die Klage richte sich konkret gegen das 2017 novellierte, geltende „Nationale Aktionsprogramm zum Schutz von Gewässern vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen“.

Nach Ansicht der Umwelthilfe ist das geltende Düngerecht auch nach dieser Novelle ungeeignet, die zu hohe Nitratbelastung des Grundwassers und der Gewässer schnellstmöglich so weit zu reduzieren, dass der Grenzwert eingehalten wird. Der Europäische Gerichtshof habe durch sein Urteil vom 21. Juni bestätigt, dass Deutschland seinen Verpflichtungen zur Nitratminderung nicht gerecht werde.

Umwelthilfe-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch hofft darauf, mit dieser und eventuell weiteren Klagen auf kommunaler oder regionaler Ebene einen Wandel von der industriellen zu einer nachhaltigen Landwirtschaft einleiten zu können: Mit beispielsweise 2,99 Euro je Kilogramm Schweinefleisch habe Deutschland die niedrigsten Lebensmittelpreise in Europa. Dieses Preisniveau gebe wenig Anlass zur Hoffnung, dass sich etwas ändere.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hatte die Bundesregierung am 21. Juni wegen Verstoßes gegen die EU-Nitratrichtlinie verklagt. Dem Urteil zufolge versäumte Deutschland unter anderem, das Ausbringen von nitrathaltigen Düngemitteln zu begrenzen.

Die EU-Richtlinie, gegen die Deutschland verstoßen hat, soll Gewässer vor zu viel Nitrat aus der Landwirtschaft schützen, beispielsweise durch das Düngen mit Gülle. Das 1991 erlassene und 2008 geänderte Gesetz sieht vor, dass die EU-Länder Aktionsprogramme für gefährdete Gebiete aufstellen. Zugleich müssen die Mitgliedstaaten Daten zur Wasserqualität nach Brüssel melden.

Eine direkte Strafe in Verbindung mit dem EuGH-Urteil gab es nicht. Deutschland muss aber mit seiner Gesetzgebung und deren Umsetzung dem Urteil entsprechen - ansonsten könnte die Kommission erneut klagen und dann auch finanzielle Sanktionen beantragen. Die Deutsche Umwelthilfe will allerdings nicht erst den nächsten Nitratbericht der Bundesregierung im Jahre 2020 abwarten, sondern schon jetzt Verbesserungen erreichen.

(csr/epd)
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