Forsa-Umfrage Weniger als die Hälfte hält Deutschland für kinderfreundlich

Berlin · Klagen gegen Kinderlärm oder Restaurants und Hotels, in denen Kinder keinen Zutritt haben - das alles sind laut dem Deutschen Kinderhilfswerk Anzeichen einer kinderentwöhnten Gesellschaft. Einer Umfrage zufolge hält weniger als die Hälfte der Erwachsenen Deutschland für ein kinderfreundliches Land.

 Spielzeug liegt in einem Sandkasten während Kinder spielen in einer Kindertagesstätte.

Spielzeug liegt in einem Sandkasten während Kinder spielen in einer Kindertagesstätte.

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Immer weniger Menschen halten Deutschland für ein kinderfreundliches Land. Laut einer am Mittwoch veröffentlichten Forsa-Umfrage im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes sind mit 48 Prozent weniger als die Hälfte der Befragten der Meinung, dass Deutschland ein kinderfreundliches Land ist. Das seien acht Prozentpunkte weniger als noch vor vier Jahren und zehn Prozentpunkte weniger als vor sieben Jahren.

Die Zweifel beruhten darauf, dass alle Bereiche, die für eine kinderfreundliche Gesellschaft als wichtig erachtet würden, als defizitär eingeschätzt würden, sagte der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, Thomas Krüger, in Berlin. Für eine kinderfreundlichere Gesellschaft werde vor allem mehr Aufmerksamkeit für die Interessen von Kindern auch in Krisenzeiten gefordert.

Nur 17 Prozent der Befragten sehen das allerdings in der aktuellen Corona-Krise erfüllt. 77 Prozent finden dagegen die Berücksichtigung der Kinderinteressen in Krisenzeiten wenig bis gar nicht gewährleistet. Ebenfalls je 77 Prozent finden zudem, dass Kinder keine ausreichenden Mitbestimmungsrechte hätten und sich die Politik zu wenig um die Bekämpfung von Kinderarmut kümmere. 66 Prozent halten den Schutz vor Gewalt für nicht ausreichend. Ein Drittel (34 Prozent) findet immerhin, dass sich Deutschland gut um Kinder aus Flüchtlingsfamilien kümmere.

Nur jeweils etwa ein Viertel meint dagegen, dass die Punkte Schutz der Kinder vor Gewalt (28 Prozent) sowie Mitbestimmung von Kindern (25 Prozent) sehr gut oder gut erfüllt seien. Nur 15 Prozent sind der Ansicht, dass Politiker sich genügend um die Bekämpfung von Kinderarmut kümmerten.

Vergleichsweise am häufigsten sehen die Befragten ausreichende Spiel- und Freizeitmöglichkeiten für Kinder (46 Prozent), selbstbestimmte Zeit und ausreichend Erholung für Kinder (40 Prozent) sowie die Berücksichtigung der Bedürfnisse von Kindern im Alltag (38 Prozent) als sehr gut oder gut erfüllt an.

Zugleich halten es 92 Prozent für wichtig und sehr wichtig, dass die Interessen von Kindern in Krisenzeiten berücksichtigt werden. Für 86 Prozent ist es sehr wichtig oder wichtig, dass sich Politiker genügend um die Bekämpfung von Kinderarmut kümmern.

Unterschiedliche Einschätzungen gibt es entlang der Parteipräferenzen: So halten 77 Prozent der Unions- und 61 Prozent der FDP-Anhängerinnen und -Anhänger Deutschland für ein kinderfreundliches Land. Deutlich geringere Zustimmungswerte sind im Lager der SPD (44 Prozent), der AfD (40 Prozent) sowie der Linken (39 Prozent) und der Grünen (38 Prozent) zu verzeichnen.

„Für eine kindgerechte Gesellschaft ist neben der Politik immer auch die soziale Gemeinschaft verantwortlich“, mahnte Krüger. Denn Kinderfreundlichkeit beginne im Alltag, beim direkten und respektvollen Umgang mit Kindern. „Dieser Respekt ist in unserer Gesellschaft leider an vielen Stellen nur unzureichend vorhanden. Wir brauchen aber die gesamte Gesellschaft, damit Deutschland ein kinderfreundliches Land wird“, forderte er.

Für die Umfrage wurden laut Kinderhilfswerk im Januar bundesweit 1.004 wahlberechtigte Personen ab 18 Jahren befragt. Das 1972 gegründete Deutsche Kinderhilfswerk feiert 2022 sein 50-jähriges Bestehen.

lob

(zim/epd)
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