Ganz NRW unter der Lupe Tunnel, Bahnen, Brücken - alles wird geprüft

Düsseldorf (RPO). Der Pfusch-Verdacht beim Ausbau der U-Bahn in Düsseldorf ruft Landesregierung, Behörden und Staatsanwaltschaft auf den Plan. Landesweit sollen sämtliche Großprojekte im U- und Straßenbahnbau der vergangenen 40 Jahre überprüft werden, außerdem Brücken und Tunnel.

Pfusch beim U-Bahn-Bau: Das sagen die Leser
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Foto: ddp

Die Aufsicht über den Bau in Düsseldorf übernimmt künftig die Bezirksregierung und nicht mehr die Stadt. Die Staatsanwaltschaft bildete unterdessen ein Sonderdezernat

Das Landesverkehrsministerium ordnete am Mittwoch eine nachträgliche Generalüberprüfung von U- und Straßenbahnprojekten in mehr als zehn nordrhein-westfälischen Städten an. Federführend übernommen werde diese von der Bezirksregierung Düsseldorf als zuständiger Aufsichtsbehörde. Deren Sprecher Bernd Hamacher sagte: "Wir wollen auf Nummer sicher gehen und Gefährdungen ausschließen." Auch die Wuppertaler Schwebebahn werde unter die Lupe genommen.

Hamacher erläuterte, zunächst würden Informationen über die Größe der Projekte und die daran beteiligten Baufirmen zusammengetragen. Anschließend würden die Bauprotokolle gesichtet. Die Antworten der Kommunen würden in "mehreren Wochen oder Monaten" erwartet. Der Landesbetrieb Straßenbau NRW wird darüber hinaus auf Weisung der Landesregierung vorsorglich die Statik von Brücken und Tunneln untersuchen.

Staatsanwaltschaft sichtet Protokolle

Das Verkehrsministerium entzog außerdem am Mittwoch der Stadt Düsseldorf die Aufsicht über den U-Bahn-Ausbau. Dafür werde künftig "gänzlich" die Bezirksregierung verantwortlich sein. Diese werde unabhängige Experten hinzuziehen.

Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft prüft unterdessen die Aufnahme von Ermittlungen, nachdem die Stadt am Dienstag wegen Pfuschs Anzeige gegen zwei Mitarbeiter des Konzerns Bilfinger Berger erstattet hatte. Dazu sei ein Sonderdezernat, bestehend aus einem Oberstaatsanwalt und einem Staatsanwalt, eingerichtet worden, sagte Oberstaatsanwalt Johannes Mocken.

Die Prüfung könne einige Wochen dauern, da die Staatsanwaltschaft die Prüfprotokolle sichten müsse. Noch habe die Stadt diese aber nicht eingereicht. Auf alle Fälle werde man sich mit der Kölner Staatsanwaltschaft in Kontakt setzen, da zwei verdächtige Bauarbeiter auch für ähnliche Unregelmäßigkeiten in Köln verantwortlich sein sollen.

"Sicherheit entsteht nicht von alleine"

Bis zur Klärung der Verdachtsmomente müssten die Arbeiten an der neuen U-Bahn-Linie nach Ansicht der Düsseldorfer Bürgermeisterin Gudrun Hock (SPD) gestoppt werden. Es sei unverständlich, dass bereits am Montag die Tunnelbohrmaschine loslegen solle.

Konsequenzen aus den Vorfällen in Köln und Düsseldorf forderte auch die Ingenieurkammer Bau NRW. Die externen Kontrollen solcher Baustellen durch Bauaufsicht oder unabhängigen Firmen müssten verstärkt werden, sagte Präsident Heinrich Bökamp. "Sicherheit entsteht nicht von alleine, man muss sich darum kümmern", betonte er. Die Arbeiter müssten wissen, dass sie kontrolliert werden.

Auch der Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) sprach sich für eine intensivere Überwachung von Großbauvorhaben aus. "Der internationale Konkurrenzdruck und der Preiskampf auf dem Bausektor führen zu immer mehr Subunternehmern und international agierenden Firmen, deren Qualität nicht ohne weiteres absehbar ist", sagte Roters der "Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung". Zugleich forderte er eine Überprüfung der gesetzlichen Vorschriften zur Bauüberwachung. Bei den Arbeiten zur neuen Kölner U-Bahn sei die "nötige Außenkontrolle nicht immer da gewesen".

Am Dienstag war durch eine Sonderprüfung bekanntgeworden, dass beim Bau der Wehrhahn-Linie in Düsseldorf wie zuvor in Köln Messprotokolle gefälscht und Arbeiten nicht ordnungsgemäß ausgeführt wurden.

(ddp/csr)
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