Mit Barbiermesser und Feuerzeug Türken lieben den Friseurberuf
Düsseldorf (rpo). Wenn es um einen Handwerksberuf geht, haben die rund 670.000 in Nordrhein-Westfalen lebenden Türken eine ganz klare Präferenz: Sie ergreifen mit Abstand am häufigsten den Friseurberuf. Das berichtet das Essener Zentrum für Türkeistudien.
Eine Flamme züngelt an der Klinge des Barbiermessers entlang, wird kleiner und erlischt. Zurück bleibt eine Woge Limonenduft. "Türkisches Königswasser, 80 Prozent Alkohol. Brennt gut, desinfiziert gut", sagt Friseur Ramazan Ay. Der Türke stutzt täglich lange Bärte, schneidet Haare und rasiert stoppelige Wangen - nach türkischer Art mit Schere, Barbiermesser und Feuerzeug.
"In der Türkei ist der Friseur als klassischer Dienstleistungsberuf anerkannter als hier", sagt Experte Dirk Halm vom Essener Zentrum. Im Gegensatz zu anderen Handwerksberufen sei zudem nicht viel Kapital notwendig, um sich selbstständig zu machen. "Und es ist keine schmutzige Arbeit." Wie Pilze schießen türkische Friseurläden aus dem Boden, meint Friseur Ay. Seine Landsleute haben den gleichen Eindruck. "Mein Bruder, meine Schwester, ich, alle haben Salons in Deutschland", sagt Orhan Zeytin, "und es werden immer mehr."
Immer noch schauen mehr Türken als Deutsche in den türkischen Salons wie dem von Ramazan Ay vorbei. Meist ohne Termin. Schon das sei ein Unterschied zu vielen deutschen Friseuren. "Ganz anders sind auch unsere Methoden." Mit einem Faden Augenbrauen zupfen, mit dem Feuerzeug Haare in den Ohren entfernen und mit dem Barbiermesser rasieren, all das gebe es doch nur bei Türken. "Außerdem sind wir viel schneller", meint er. "Und wir sind auch noch preiswerter."
15 Euro nimmt er für den Herrenschnitt - inklusive Waschen, Föhnen und Kopfmassage. "Bei einem deutschen Friseur zahle ich rund acht Euro mehr", sagt ein Kunde. Mit den günstigen Preisen lockt Ay Kunden. "Ich gehe davon aus, dass die dann auch öfter kommen." Sein Lehrling Oktay erzählt, dass viele Deutsche in seiner Berufsschulklasse murren, die Türken seien so billig. "Das heißt natürlich, wir nehmen denen die Kundschaft weg", sagt der 18-Jährige.
Das Preisgefälle sei groß, bestätigt Türkei-Experte Halm. Doch das sei eben der Wettbewerb. Dennoch fühlten sich viele Türken benachteiligt. Wer das Friseurhandwerk in der Türkei erlernt habe, hat zwangsläufig keinen deutschen Meisterbrief und kann sich in Deutschland nur selbstständig machen, wenn er einen Meister einstellt.
So erging es auch Ramazan Ay. Vor zwei Monaten hat der 28-Jährige seinen Friseursalon in Düsseldorf übernommen. Dazu musste er eine deutsche Friseurmeisterin einstellen. Ay hofft auf Reformen im Handwerk, um bald auch ohne Meistertitel einen Friseursalon führen zu können. "Sonst muss ich eben doch die Prüfung nachholen", sagt er und greift wieder zum Barbiermesser. Zurück bleibt ein Hauch Limonenduft.