Wannseekonferenz vor 70 Jahren Tödliches Treffen "mit anschließendem Frühstück"

Berlin · Wann gab Hitler den Befehl zum Holocaust? Generationen von Forschern haben nach einem Beweis gefahndet, an welchem Datum genau die fabrikmäßige Ermordung der europäischen Juden ihren Anfang nahm. Bislang vergeblich. Und so gilt die Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 - am heutigen Freitag vor 70 Jahren - als ein entscheidendes Datum für die Durchführung des Verbrechens.

 Ende Juli 1941 erhielt Heydrich den Auftrag zur Vorbereitung einer "Gesamtlösung der Judenfrage". Auf der Wannseekonferenz hielt er ein Referat über die Planung des Massenmords.

Ende Juli 1941 erhielt Heydrich den Auftrag zur Vorbereitung einer "Gesamtlösung der Judenfrage". Auf der Wannseekonferenz hielt er ein Referat über die Planung des Massenmords.

Foto: dapd, -

Dazu hatte Reinhard Heydrich, Chef der berüchtigten Sicherheitspolizei, Funktionäre von Partei und NS-Staat nach Berlin eingeladen.

Schon am 31. Juli 1941, kurz nach dem Angriff auf die Sowjetunion, hatte Heydrich von Reichsmarschall Hermann Göring den Auftrag bekommen, einen Plan "zur Lösung der Judenfrage" zu erarbeiten.

Bei der im Januar 1942 stattfindenden "Besprechung mit anschließendem Frühstück" in der Villa am Wannsee ging es den 15 Staatssekretären, Spitzen der NS-Verwaltung im besetzten Osteuropa und hochrangigen SS-Führern dann um die Frage, wie der Mord zu organisieren sei. Die Vernichtung aller europäischen Juden wurde zum schriftlich fixierten Ziel deutscher Regierungspolitik.

Die "Endlösung" allerdings hatte zu Zeiten der Konferenz längst begonnen: In Polen wurden seit Kriegsbeginn die Juden in Gettos gepfercht und in großer Zahl ermordet.

Bis Januar 1942 hatten Einsatzgruppen in Polen und der Sowjetunion schon über 500.000 Juden erschossen oder in Gaswagen qualvoll umgebracht. Von den Geschäftsboykotten 1933 über die Nürnberger Rassegesetze 1935 bis zur Reichskristallnacht 1938: Die Maßnahmen gegen die Juden radikalisierten sich.

In seinem Standardwerk "Jahre der Vernichtung" geht der jüdische Historiker Saul Friedländer davon aus, dass es bis zum Sommer 1941 noch kein klares Programm hinsichtlich des Schicksals der Juden gab.

Die Errichtung großer Judenreservate in Osteuropa, Sibirien oder auf Madagaskar war lange in der Diskussion - wobei der Tod Hunderttausender eingeplant wurde. Erst die sich abzeichnenden Rückschläge bei der Eroberung der Sowjetunion und der Kriegseintritt der USA im Dezember 1941 ließen den Judenhass der Nazis in ein Mordprogramm umschlagen.

Die Teilnehmer der Wannseekonferenz stritten darum, welche Gebiete zuerst "judenrein" werden sollten. Das Protokoll verzeichnet "die Evakuierung" von insgesamt über elf Millionen europäischen Juden "nach dem Osten".

In großen Arbeitskolonnen sollten die "arbeitsfähigen Juden straßenbauend in diese Gebiete geführt" werden, "wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen" werde. Der "verbleibende Restbestand" solle "entsprechend behandelt" werden, da es sich möglicherweise um eine natürliche Auslese der Besten handele, die bei Freilassung als Keimzelle eines neuen jüdischen Aufbaus anzusehen sei.

Intensiv wurde auch über die Behandlung von "Halbjuden" und "Mischehen" diskutiert. Heydrichs Versuch, den Kreis der Betroffenen auszuweiten, hatte aber keinen Erfolg. Bei der berüchtigtsten Konferenz der Geschichte ging es nicht zuletzt darum, dass Heydrich und die SS ihre führende Rolle in der "Judenfrage" absichern und ihre Kompetenzen gegenüber dem Militär und zivilen Behörden behaupten konnten.

Heydrichs "Judenreferent" Adolf Eichmann, der das nach dem Krieg von amerikanischen Ermittlern zufällig gefundene Protokoll der Sitzung anfertigte, erklärte während des Prozesses in Jerusalem, sein Chef sei nach dem Treffen in außergewöhnlich guter Stimmung gewesen.

(KNA)
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