Thailands König Rama X. Bayerns Dauerärger mit dem Monarchen

Tutzing/München · Rama X. regiert Thailand von einer Luxusvilla am Starnberger See aus. Steuern zahlt er in Deutschland nicht. Das wollen Gemeinderäte vor Ort nun ändern.

 Ein Blick auf die Villa in Tutzing von Maha Vajiralongkorn (Rama X.), dem thailändischen König.

Ein Blick auf die Villa in Tutzing von Maha Vajiralongkorn (Rama X.), dem thailändischen König.

Foto: picture alliance / Wagner/Ulrich Wagner

Stefanie Knittl reichte es. Der thailändische König Rama X. lebt seit Jahren mit seiner Entourage in einer Luxusvilla in Tutzing – und bezahlt bisher keinen Cent an Zweitwohnsteuer? Er regiert offenbar sein Land vom noblen Starnberger See aus auf äußerst umstrittene und autoritäre Weise, aber niemand will überhaupt offiziell seine Existenz in Bayern und seinen Villenbesitz bestätigen?

Und so fragte Knittl, die einzige sozialdemokratische Gemeinderätin in Tutzing, in der vergangenen Sitzung nach. „Skandalös“ sei es, dass man von der Verwaltung keine Informationen bekomme und „mit dem Argument des Steuergeheimnisses vertröstet“ werde. Schließlich gehe es um viel Geld, die Rede ist von einem höheren sechsstelligen Euro-Betrag.

Der König und seine Liebe zu Oberbayern – das ist für die Verwaltungen, die Bürger, den Staat eine leidige Geschichte. Als „exzentrisch“ wird der 69-Jährige beschrieben, mit einem geschätzten Vermögen von rund 60 Milliarden Euro ist er weltweit der reichste Monarch. Niemand will offiziell bestätigen, seit wann die Tutzinger „Villa Stolberg“ mit Seezugang im Besitz des Königs ist. Nicht mal den Namen des denkmalgeschützten Hauses nimmt die Gemeindeverwaltung in den Mund und spricht nur von dem „besonderen Objekt“.

Bei der Sitzung ließ Knittl nicht locker, die Behandlung des Königs verstoße „gegen die Steuergleichheit“. Und so stimmte die Verwaltung zu, zum Beginn des Jahres 2022 ein Gutachten über den Wert der Villa erstellen zu lassen, damit die Zweitwohnsteuer erhoben werden kann, auch rückwirkend. „Normale Bürger bekommen in wenigen Tagen ihren Steuerbescheid“, sagt Knittl. Nun könnte es sein, dass auch Rama X. tatsächlich zahlt, erstmals.

 Mehrmals im Jahr hält sich Rama X. im Grand Hotel Sonnenbichl in Garmisch-Partenkirchen auf.

Mehrmals im Jahr hält sich Rama X. im Grand Hotel Sonnenbichl in Garmisch-Partenkirchen auf.

Foto: picture alliance / SVEN SIMON/Frank Hoermann / SVEN SIMON

Neben Tutzing verbringt der Monarch auch regelmäßig seine Zeit in einem Luxushotel in Garmisch-Partenkirchen, das er für seine Aufenthalte komplett anmietet. Bekannt wurde das überhaupt erst durch Corona. Denn da fragten sich die Bürger, wie denn das Hotel vermietet sein könne, wenn im Lockdown doch ein touristisches Beherbergungsverbot besteht. Das Landratsamt habe entschieden, so sagt der Sprecher Stephan Scharf, dass die Thai-Gruppe nicht zu Urlaubszwecken am Alpenrand weilte, sondern dass der König von dort aus arbeitet.

 Rama X. bei einer Zeremonie zu Ehren seines verstorbenen Vorgängers Bhumibol Adulyadej (Rama IX.) in Bangkok.

Rama X. bei einer Zeremonie zu Ehren seines verstorbenen Vorgängers Bhumibol Adulyadej (Rama IX.) in Bangkok.

Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com/Guillaume Payen

Viel mehr ist vom Landratsamt nicht zu erfahren. Wie oft der König sich in Garmisch im Grandhotel Sonnenbichl aufhält, will der Sprecher nicht wissen: „Das ist uns relativ egal.“ Auch sei ihm unbekannt, ob er derzeit dort ist. „Das ist höhere Politik, Sache des Bundes“, meint Scharf.

Politisch ist die Konstellation nicht unproblematisch: Einem ausländischen Politiker oder Staatsmann ist es nach deutschem Recht untersagt, hierzulande seiner Arbeit nachzugehen, wenn er damit gegen die deutschen Gesetze verstößt. Rama X. aber unterzeichnet thailändische Todesurteile oder verhängt drakonische Gefängnisstrafen über mehrere Jahrzehnte wegen Majestätsbeleidigung. Von Amnesty International und anderen Organisationen gibt es unzählige Berichte über massive Menschenrechtsverletzungen in dem asiatischen Land.

Die neue Außenministerin Annalena Baerbock erhöht nun den Druck auf den Monarchen. Ungewöhnlich undiplomatisch teilt das Auswärtige Amt in dieser Causa mit: „Wir gehen davon aus, dass auf deutschem Boden von ihren Vertretern keine Entscheidungen getroffen werden, die der deutschen Rechtsordnung, dem Völkerrecht oder den international verbrieften Menschenrechten widersprechen.“

Seit längerer Zeit schon befasst sich Lucie Vorlickova vom Verein „Tutzinger Liste“ mit dem König und den Steuern. Sie hat zur Höhe der bisher entgangenen Einnahmen recherchiert und bei Immobilienmaklern nachgefragt. Demzufolge liegt die Miete für ein solches Luxusanwesen bei 30 bis 50 Euro pro Quadratmeter und Monat.

Diese Häuser sind gesucht, und bei potenziellen Mietern oder Käufern spielt Geld keine Rolle. Die Villa hat 1400 Quadratmeter Wohnnutzungsfläche, die Jahreskaltmiete könnte also bis zu 840.000 Euro betragen. Zwölf Prozent davon müssen jährlich versteuert werden, das wären rund 100.000 Euro. Von 2018 bis 2022 käme man auf eine Steuerschuld von 500.000 Euro.

Sehen das die Tutzinger Bürgermeisterin Marlene Greinwald von den Freien Wählern und die Gemeindeverwaltung auch so? Auf zwei Anfragen hierzu erfolgte keine Reaktion.

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