Zynischer Spiel-Entwurf Terror-Trio vertrieb Nazi-Monopoly

Düsseldorf · Schon das Paulchen-Panther-Video des Jenaer Terror-Trios um die Rechtsextremisten Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe war menschenverachtend. Wie nun bekannt wird, versuchte die Gruppe mit dem Vertrieb eines antisemitischen Monopoly-Spiels für Neonazis Geld zu verdienen. Es trug den Namen "Pogromly".

Das Spielfeld des Nazi-Monoplys. Das Startfeld trägt ein Hakenkreuz.

Das Spielfeld des Nazi-Monoplys. Das Startfeld trägt ein Hakenkreuz.

Foto: Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz

Wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtet, wurde das Spiel von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe entworfen und schon vor ihrem Abtauchen in den Untergrund in Umlauf gebracht. Wie der Verfassungsschutz Thüringen unserer Redaktion bestätigte, wurde das Spiel in einer Auflage von mehreren Dutzend Exemplaren hergestellt.

In der Mitte des Spielbretts ist ein Skelett in Soldatenuniform mit Hakenkreuzbinde zu sehen.

In der Mitte des Spielbretts ist ein Skelett in Soldatenuniform mit Hakenkreuzbinde zu sehen.

Foto: Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz

Ein Blick auf das Spielbrett offenbart die zynische Weltsicht der Neonazis. Die vier Bahnhöfe aus der klassischen Monopoly-Version werden bei den Nazis zu Konzentrationslagern. Außerdem zu sehen: ein Hitler-Porträt, SA- und SS-Zeichen, auf das Startfeld ist ein Hakenkreuz gedruckt. Gehandelt wird mit "gefangenen Juden" und Reichsmark.

100 DM pro Stück

Ein Spielfeld lautet "Besuch beim Führer". Wer darauf landet, kann das gesamte Spielgeld aus der Mitte des Bretts bekommen, wenn er laut und deutlich "Heil Hitler" ruft. "Sollte ein Kamerad den heiligen Gruß vergessen, erhält er das Geld nicht und muss zur Strafe 1000 RM zahlen und 1 Runde zum Juden (gelbes Feld), damit er den Unterschied zwischen Herren und Untermensch sieht", zitiert die FAS weiter aus der Spielanleitung von "Pogromly".

Erstmals entdeckt hatten die Ermittler das Spielbrett Ende Januar 1998 bei der Durchsuchung der Garagen in Jena, bei der auch vier Rohrbomben gefunden wurden. Noch während der Razzia tauchten die Rechtsextremisten im Untergrund ab. In Neonazikreisen wurde es danach zum Preis von 100 DM pro Stück verkauft. Das Geld sollte das Leben des Terror-Trios im Untergrund finanzieren, das seit Januar 1998 unter dem Namen "Nationalsozialistischer Untergrund" agierte und bis 2007 zehn Menschen ermordete.

Streit ums Geld

Zentrale Figur soll der 36-jährige André K. gewesen sein, ein enger Vertrauter. Allerdings gab es der FAS zufolge Ärger, weil K. Einnahmen unterschlagen haben soll. Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe waren verärgert. Angeblich klagten sie in Telefonaten über die ausbleibenden Gelder.

Zudem wurde am Wochenende bekannt, dass der Thüringer Verfassungsschutz die drei Terrorverdächtigen im Jahr 1999 aus dem Untergrund holen wollte. Wie der damalige Verteidiger Böhnhardts, Gerd Thaut, dem "Focus" sagte, scheiterte der Deal jedoch am Veto des damaligen Oberstaatsanwalts von Gera, Arndt Peter Koeppen.

Zschäpe schweigt

Eine Sprecherin des Landesamtes für Verfassungsschutz in Erfurt sagte der Nachrichtenagentur dapd, die Behörde habe damals Kontakt zu den Eltern der drei Rechtsextremisten aufgenommen. Man wollte versuchen, über einen Anwalt zu erreichen, dass sich das Trio selbst stellt. Das sei jedoch gescheitert. In dem Zusammenhang habe es seitens des Verfassungsschutzes jedoch keinerlei Versprechungen in Bezug auf Ermittlungen und mögliche Strafmilderung gegeben.

Die Hauptverdächtige im Verfahren gegen die NSU, Zschäpe, schweigt unterdessen weiter: Rechtsanwalt Wolfgang Stahl, Verteidiger der inhaftierten 36-Jährigen, sagte dem "Focus": "Es steht noch nicht fest, ob Frau Zschäpe zu irgendeinem Zeitpunkt überhaupt Angaben zur Sache machen wird." Dies hänge auch damit zusammen, dass nur unzureichend Akteneinsicht gewährt worden sei. "Wir haben bislang nur 120 Seiten erhalten, das ist so gut wie nichts."

"Ich war ein Omakind"

An Äußerungen von Zschäpe gibt es somit weiterhin nicht mehr als das, was sie der Polizei unmittelbar nach ihrer Festnahme im November erzählte, als sie sich freistellte. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete am Samstag von einigen Passagen aus Zschäpes Stellungnahme. Demnach äußerte sie sich unter anderem zu ihrer Kindheit. Mit der Mutter habe es Probleme gegeben. Eine glückliche Jugend habe sich nicht gehabt. "Ich war ein Omakind", zitiert das Blatt Zschäpe.

Ihren gestorbenen Kumpanen Mundlos und Böhnhardt hält sie demnach bis zuletzt die Treue. Niemals werde sie etwas Schlechtes über die beiden sagen. Allerdings soll sich Zschäpe gewundert haben, dass die beiden so extremistisch wurden wie sie waren. Beide hätten doch ein gutes Elternhaus gehabt.

(pst)
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